Griechenland: Zeit für Tango in Athen? | ZEIT ONLINE – Die Zeit

Wie schmerzhaft könnte ein Grexit werden? Die Erfahrungen aus Argentinien geben Hinweise – das Land stand 2001 ebenfalls vor Staatspleite und Ende einer Währungsbindung. Ein Gastbeitrag von Sebastian Dullien

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Eine geschlossene Filiale der Eurobank in Athen  |  © Alkis Konstantinidis/Reuters

Wenn heute über die möglichen Folgen eines
Austritts Griechenlands aus der Eurozone
geredet wird, kommt die Sprache immer
wieder auf Argentinien. Für deutsche Medien ist das südamerikanische Land ein
abschreckendes Beispiel: Der traurige Zustand der argentinischen Wirtschaft und
des dortigen politischen Systems zeige, wie dramatisch ein Staatsbankrott und
eine Abwertung für Griechenland werde, lautet der Tenor.

Tatsächlich ist das ein verkürztes Urteil. Die unmittelbaren Folgen des Bankrotts und der Abwertung vor 14 Jahren waren zwar dramatisch für
die Bevölkerung. Doch danach erholte sich die Wirtschaft schnell wieder
und wuchs über Jahre schneller als jene des – damals oft gelobten –
Nachbarlandes Brasiliens. Der erneute Abstieg ins Chaos folgte erst weit
später.

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Die ökonomischen Parallelen zwischen
Griechenland heute und Argentinien im Jahr 2001 sind frappierend: Wie Griechenland
hatte Argentinien jahrelang am Tropf des Internationalen Währungsfonds (IWF)
gehangen, wie Griechenland hatte das Land immer neuen Sparprogrammen zustimmen
müssen und war immer tiefer in die Rezession gerutscht. Die Arbeitslosigkeit
war von rund 7 Prozent Anfang der 1990er Jahre auf fast 20 Prozent im Jahr 2001
gestiegen.

Der Peso war an den US-Dollar gebunden

Sowohl Argentinien als auch Griechenland hatten zum Krisenbeginn Probleme
mit der Wettbewerbsfähigkeit. In beiden Ländern waren die Löhne zu stark
gestiegen, beide konnten nicht einfach abwerten – Griechenland nicht,
weil es ja im Euro ist, und Argentinien nicht, weil es damals ein besonderes
Währungsregime hatte, bei dem der Peso per
Gesetz 1 zu 1 an den US-Dollar gebunden war und die Notenbank nur neue Pesos
herausgeben durfte, wenn man dort Dollar eintauschte.

Weil im Herbst 2001 zunehmend zweifelhaft
wurde, ob der IWF seine Kredite verlängern würde, hoben die Argentinier ihr
Geld von den Banken ab und tauschten es in US-Dollar. Ähnlich wie die
griechische Zentralbank heute konnte die argentinische Notenbank ihren Banken
keine Unterstützung mehr geben. In Argentinien nicht, weil die Notenbank die nötigen
Dollar-Reserven nicht hatte. In Griechenland heute nicht, weil die EZB per
Dekret die Summen begrenzt, die für Notkredite an die Banken vergeben werden
dürfen.

Über Monate verschärfte sich das Chaos in
Argentinien. Der IWF war mit dem Reformfortschritt in Buenos Aires nicht
zufrieden und stellte zu guter Letzt die Hilfskredite ein. Die Regierung fror
als Notmaßnahme im Dezember die Bankguthaben ein. Als Folge kam es zu Protesten
und Unruhen mit Plünderungen und Toten.

In einem chaotischen Winter 2001/02 verlor das
Land innerhalb von wenigen Wochen zwei Präsidenten durch Rücktritte. Der im
Januar 2002 neu ernannte Eduardo Duhalde zog dann einen Schlussstrich: Nachdem sein
Vorgänger wenige Tage zuvor bereits die Zahlungsunfähigkeit des Landes
gegenüber ausländischen Gläubigern erklärt hatte, beendete Duhalde auch die
Währungsanbindung. Der Peso wertete fast sofort von der Parität zum Dollar auf
einen Wechselkurs von 1 zu 4 ab.

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