„Für viele zu teuer“


Interview: DTB-Vizepräsident Charly Steeb über die Perspektiven des Tennissports

In Buenos Aires erlebte Carl-Uwe „Charly“ Steeb die 0:5-Pleite des deutschen Davis-Cup-Teams gegen Argentinien mit. Die Mannschaft habe sich dennoch „als Einheit gezeigt“, erwähnt der gebürtige Mögglinger im Interview als positiven Aspekt. Trotz eines turbulenten ersten Amtsjahr als Vizepräsident und Ressortleiter Spitzensport und Ausbildung im Deutschen Tennisbund (DTB) ist Steeb optimistisch.

Benjamin Leidenberger

Herr Steeb, gegen Argentinien unterlagen die deutschen Tennisherren klar mit 0:5 und müssen nun im September in einem weiteren Match um den Verbleib in der Davis-Cup-Weltgruppe kämpfen. Wie beurteilen Sie die Niederlage?
Carl-Uwe Steeb: Es war ein sehr unglücklicher Start. Philipp Kohlschreiber hat ein gutes Match gespielt, er war eigentlich schon durch – bis zum Faserriss. Ohne die Verletzung hätte es 1:0 für uns gestanden und er wäre weiter im Team gewesen; wir hätten wirklich eine Chance gehabt.
So wurde es im ersten Spiel unter dem neuen Team-Kapitän Carsten Arriens eine glatte Niederlage. War die Enttäuschung groß?
Es wäre unnormal, wenn die Jungs und Carsten nicht enttäuscht wären. Aber die Mannschaft hat sich als Einheit selbst in der Niederlage gezeigt.
Angesichts der Querelen im Vorfeld mit dem Streit zwischen Kohlschreiber und dem damaligen Kapitän Patrik Kühnen war das nicht immer so.
In der Hinsicht hat sich alles beruhigt. Logischerweise hatten alle die Hoffnung, die Überraschung zu schaffen. Aber auch mit dem letzten Tag – Florian Mayer musste die Nacht im Krankenhaus verbringen – war es mehr als unglücklich.
Das Davis-Cup-Wochenende könnte man auch als Vergleich für die Turbulenzen im DTB in ihrem ersten Amtsjahr heranziehen.
Wir hatten ein Jahr Zeit aufzubereiten. Jetzt sind wir soweit, die nächsten Schritte zu machen, neue Partner ins Boot zu holen. Dann können wir in den Nachwuchs investieren. Wir können leider nicht auf Reserven zurückgreifen.
Wie kann das aussehen?
Indem wir nun konkret auf Wirtschaftspartner zugehen. Angestrebt werden für Männer und Breitensport ähnliche Kooperationen wie mit der Marke Porsche bei den Damen beziehungsweise im weiblichen Nachwuchsbereich. Nach wie vor ist der DTB der größte Tennisverband der Welt und mit seinen 1,5 Millionen Mitgliedern für viele Partner sehr interessant.
Der DTB versucht sich also als Marke zu stärken. Dazu gehört auch die Außenwirkung über den Spitzensport. Sie haben sich mehr Beispiele gewünscht, wie Mesut Özil in der Fußballnationalmannschaft.
Um die zu bekommen müssen wir im Breitensport den Weg in die Tennis-Clubs öffnen und die Barrieren so gering wie möglich halten. Nach wie vor halte ich den Tennissport für Jugendliche in Deutschland für viele Familien zu teuer.
Aktuell sind keine Toptalente bei den Herren auf dem Sprung?
Zwischen 16 und 19 Jahren sieht es gut aus. Zwischen 19 und 22 Jahren bräuchten wir wesentlich mehr Talente, die unmittelbar den Sprung unter die Top 100 schaffen können.
So wie es bei den Damen ist?
Genau diese Entwicklung ist Annika Beck gelungen. Darüber hinaus haben wir bestimmt sechs, sieben Spielerinnen, die sehr vielversprechend sind.
Bei den Herren hat 2012 vor allem Routinier Tommy Haas mit seinem Comeback für Aufsehen gesorgt. Wird er nochmal zur Alternative auch für den Davis-Cup?
Da haben wir ja noch Zeit bis September. Tommy hat ein tolles Jahr 2012 hinter sich und denkt im Moment bestimmt nur von Monat zu Monat. Ich kann mir gut vorstellen, dass für ihn das Kapitel Davis Cup noch nicht abgeschlossen ist.

© Gmünder Tagespost 13.02.2013
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