Kirche
Ferngesehen hat Franziskus zuletzt 1990: Der Papst nützt die Medien wie keiner vor ihm, schenkt ihnen aber wenig Beachtung.
Rom.Wer Papst Franziskus auf Auslandsreisen oder bei seinem Bad in der Menge bei der Generalaudienz jeden Mittwoch auf dem Petersplatz erlebt, der kann es kaum glauben. Dieser Mann soll in seiner Zeit in Argentinien ein öffentlich zurückhaltender Geistlicher gewesen sein, der Journalisten scheute wie der Teufel das Weihwasser. Zu seinem Auftreten im Jahr 2015 passt dieses Bild nicht. Auf jeder Auslandsreise stellt sich Franziskus ausführlich den Fragen der mitreisenden Reporter, allein aus diesem Jahr sind zudem drei lange Interviews überliefert.
In seinem jüngsten Interview, mit der argentinischen Zeitung „La Voz del Pueblo“ aus der gerade einmal 47 000 Einwohner fassenden Kleinstadt Tres Arroyos, gibt Franziskus unter anderem Auskunft über seinen Umgang mit den Medien. Der Papst aus Argentinien berichtet etwa, dass er seit 1990 den Fernseher nicht mehr eingeschaltet hat. In der Nacht zum 16. Juli habe er damals der „Lieben Frau vom Berge Karmel“, der Schutzpatronin der Karmeliten, das Versprechen gegeben, nie wieder fernzusehen: „Das ist nichts für mich.“ Spötter behaupten, die 0:1-Niederlage Argentiniens im WM-Finale gegen Deutschland eine Woche zuvor habe dem Jesuiten damals wohl den Rest gegeben und ihm entsprechende Déjà-vues erspart. Super-Star Lionel Messi, so Franziskus, habe er zwar schon zweimal im Vatikan empfangen, aber noch nie beim Fußballspielen gesehen.
Einen Pressespiegel gibt es nicht
Angesichts der minderen Qualität sowohl des argentinischen wie des italienischen Fernsehens widmet der Papst seine Zeit möglicherweise lieber anderen Dingen, etwa dem Gebet oder der Kurienreform. Das Weltgeschehen, so wie es die meisten Menschen über die Medien mitbekommen, spielt für ihn offenbar eine untergeordnete Rolle. Gerade einmal zehn Minuten blättere er morgens in der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“.
Kommentar
Schweigetaktik
Das apostolische Schreiben „Evangelii Gaudium“ vom November 2013 ist so etwas wie das Regierungsprogramm von Papst Franziskus. Eine der entscheidenden...
Damit blickt er allerdings aus einem speziellen Winkel auf Italien und die Welt. Die teilweise als tendenziöses Kampfblatt verschrieene und jahrzehntelang vom Sozialisten und Atheisten Eugenio Scalfari geprägte „La Repubblica“ hält kaum mit ihrer Meinung, etwa zur schädlichen Austeritäts-Politik Angela Merkels oder zum notwendigen Reformkurs der Kirche, hinter dem Berg. Franziskus bezeichnet das eindeutig links positionierte Blatt schlicht als Zeitung für die „Mittelklasse“.
Einen Pressespiegel oder andere Medien zieht der Papst nicht zu Rate. Das Internet nutzt der 78-Jährige nach eigener Darstellung gar nicht, schreibt aber gelegentlich E-Mails an Freunde. Er verlässt sich auf die Informationen, die ihm das Staatssekretariat und Vatikan-Botschafter in aller Welt liefern. „Ich bin ziemlich unbesonnen und agiere, ohne an die Konsequenzen zu denken“, gesteht Franziskus.
Manchmal verursache diese Haltung „ganz schöne Kopfschmerzen, weil mir ein Wort zu viel herausrutscht“. Ob der Papst sich damit auf umstrittene Aussagen bezieht, wie die, dass sich Katholiken nicht wie Karnickel vermehren sollten oder die Prügelstrafe „mit Würde“, wird nicht klar.
Mit Daten geht der Papst vorsichtig um
Besonders vorsichtig ist Franziskus aber offensichtlich mit sensiblen Daten. Wie die Zeitung „Il Giornale“ berichtete, lässt der Papst wichtige Papiere scannen, auf weißen USB-Sticks mit päpstlichem Wappen speichern und in einer Tüte versiegeln. Die Empfänger der Tüten, also meist Mitarbeiter und Kardinäle im Vatikan, sollen so leicht identifizierbar sein für den Fall, dass die Dokumente an die Öffentlichkeit geraten. Offenbar verhindert Franziskus so bislang erfolgreich einen Skandal wie „Vatileaks“ zum Ende des Pontifikats seines Vorgängers.
Doch wie beschränkt muss sich ein Fußballfan fühlen, der die Ergebnisse seines Lieblingsvereins nicht erfährt? Auch für diesen Fall hat der San-Lorenzo-Fan Franziskus gesorgt. Ein Schweizergardist versorgt ihn wöchentlich mit den Ergebnissen vom Wochenende. Wenn man so will, per Flüsterpost.
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