Werder wünscht es sich. Aber natürlich ist von Franco Di Santo nicht eine ähnliche Quote zu erwarten wie von der ehemaligen Galionsfigur. „Piza“ kam in 159 Bundesliga-Spielen auf 89 Treffer für die Bremer. Beeindruckend. Und Di Santo ist gut beraten, sich mit solchen Zahlen nicht zu belasten. Macht er auch nicht. Er belastet sich im Grunde mit nichts. „Wenn du eine neue Herausforderung angehst, ist es besser, du machst es mit einem positiven Gefühl – nicht mit einem langen Gesicht“, sagt der 24-Jährige.
So wie er redet, so wirkt er auch: total locker. Di Santo lacht viel im Gespräch – auch wenn’s um eigentlich ernste Angelegenheiten geht. Wie die Anzahl der Tore, die er in seiner Premierensaison in der Bundesliga schießen will. „500“, posaunt er – und garniert das Ganze mit einem kernigen „Haha“. Aber im Ernst: „Ich kann keine Marke nennen, Ich muss erstmal die Bundesliga kennenlernen.“
Damit hat der Angreifer am Freitag begonnen. Beim 0:1 gegen Borussia Dortmund wurde er eingewechselt, feierte sein Bundesliga-Debüt. Ein Moment für große Gefühle bei Di Santo? „Auf jeden Fall. Es war wie bei meiner Profi-Premiere in Chile – das Trikot war damals auch grün, hatte auch die Neun auf dem Rücken. Daran habe ich mich erinnert“, erzählt Di Santo, der – obwohl er die vergangenen sechs Jahre in England verbracht hat – ziemlich überrascht war von der Bundesliga. „Diese Atmosphäre im Stadion – großartig“, schwärmt er. Allerdings hat er bislang auch nur die Sahnestücke präsentiert bekommen. Erst der Gänsehauttag im Weserstadion mit dem stimmungsvollen Schaaf-Abschied der Fans, dann die Reise in den Dortmunder Fußball-Tempel. Di Santo staunt: „Ich hatte Verhältnisse wie in England erwartet, aber die Fans in Deutschland sind noch leidenschaftlicher. Das ist das Überraschendste für mich gewesen.“ Der Mann weiß, wie man sich bei der eigenen Anhängerschaft beliebt macht.
Noch mehr Sympathien kann er sicher durch Toreeinheimsen. Di Santo will zeitnah mit der Produktion beginnen. „Hoffentlich schon am nächsten Wochenende – wenn ich spielen darf“, meint der Offensivakteur. Trainer Robin Dutt spielt bereits mit dem Gedanken, seine neue Waffe von Anfang an zu bringen. Doch sicher ist das nicht. „Ich muss mich erst noch an die neuen Mitspieler und ihre Art, Fußball zu spielen, gewöhnen“, sagt Di Santo und bestätigt, was auch Dutt anmerkt: „Er ist taktisch noch nicht so weit wie die anderen.“
Körperlich auch nicht, weil Di Santo nach dem Abstieg von Wigan Athletic drei Monate vereinslos war. Mit einem Fitnesstrainer hat er in Eigenregie in Argentinien trainiert. Und sich parallel Angebote angeguckt und abgelehnt – bis Werder kam. „Ich habe auf einen großen Club mit einer großen Geschichte gewartet. Und mit Werder habe ich gefunden, was ich gesucht hatte“, behauptet er. Doch die Wahrheit könnte auch so aussehen: Di Santo hatte auf Clubs im Champions-League-Format mit Champions-League-Gehältern gehofft und sich verzockt.
Werder soll es recht sein. Die Bremer haben nun einen neuen Hoffnungsträger im Sturmzentrum. Allerdings einen, der in der Premier League nicht gerade alles in Grund und Boden geschossen hat. 13 Tore in 82 Spielen für Wigan, ein Treffer in 22 Partien für die Blackburn Rovers, davor ein Salto nullo bei acht Einsätzen für den FC Chelsea. Statistiken ohne Aussagekraft seien das, argumentiert Di Santo: „Bei Wigan musste ich oft auf den Flügeln spielen. Ich liebe es aber, mit allen Freiheiten in der Mitte zu agieren. Wenn ich das durfte, habe ich auch getroffen und sieben Tore in acht Spielen gemacht.“ Wenn es stimmt, hat seine Quote durchaus Pizarro-Qualität. „Ich mache mir keine Sorgen. Es wird schon klappen in Bremen“, sagt Franco Di Santo am Ende des Gespächs und schlendert davon – diesmal fröhlich pfeifend. · csa