von Jörg Billina, Euro am Sonntag
Mit seinem Magna New Frontier Fund (siehe "Investor-Info" unten) investiert Stefan Böttcher in Frontier Markets - Staaten, die weniger stark entwickelt sind als die etablierten Schwellenländer wie China, Brasilien oder Indien. €uro am Sonntag sprach mit ihm über die Unempfindlichkeit gegenüber US-Zinserhöhungen, die Probleme für Anleger in Grenzmärkten und neue Chancen in Myanmar und Argentinien.
€uro am Sonntag: Herr Böttcher, seit April hat der MSCI Emerging Markets über 23
Prozent verloren. Die Frontier Markets haben dagegen nur rund fünf Prozent abgegeben. Warum halten sich die Grenzmärkte besser?
Stefan Böttcher: Zwischen den jeweiligen Ländergruppen gibt es zwar wirtschaftliche Verflechtungen. Die Korrelation der beiden Anlagesegmente ist aber nicht sehr ausgeprägt. Die Börsen der Frontier Markets sind längst nicht so entwickelte Handelsplätze wie die der etablierten Schwellenländer. Darüber hinaus weisen Frontier-Märkte in der Regel einen geringeren Verschuldungsgrad als Emerging Markets auf.
Das heißt, die Kursentwicklung der Börsen in den Frontier
Markets hängt weniger stark von den Entscheidungen der US-Notenbank ab?
Richtig. Auch sind generell weniger ausländische Anleger engagiert. In den Emerging Markets liegt der Ausländeranteil unter den Investoren bei 50 Prozent, in den Frontier-Märkten sind es gerade einmal fünf Prozent. Die aber haben sich bewusst für die Frontier-Märkte entschieden und bleiben investiert, auch wenn Anlagen im Dollarraum vermeintlich attraktiver erscheinen.
Dennoch schätzen ausländische Investoren die Frontier Markets als riskanter als etablierte Schwellenländer ein.
Ja. Die Grenzmärkte sind weniger transparent, die Corporate Governance ist nicht so stark ausgeprägt, der Einfluss des Staates auf die Unternehmen ist oft groß. Die Marktkapitalisierung und das tägliche Handelsvolumen sind wesentlich geringer als in den großen Emerging Markets. Ein Engagement an der Börse unterliegt zudem oft Restriktionen.
Was spricht für einen Einstieg in die Frontier-Märkte?
Die Wachstumsraten fallen im Vergleich zu den großen Schwellenländern und den Industriestaaten wesentlich höher aus. Während sich Russland und Brasilien in der Rezession befinden, wird Sri Lankas Wirtschaft in diesem Jahr voraussichtlich um sechs, Pakistans Bruttoinlandsprodukt um sieben Prozent zulegen. Daraus resultieren überdurchschnittliche Wachstumsraten für die Unternehmensgewinne.
Zudem finden sich in den Frontier-Märkten viele Unternehmen, die über solide Bilanzen und hohe Cashflows verfügen. Auch die Dividendenrenditen sind attraktiv.
Sie sind stark im arabischen Raum, in Vietnam und in Osteuropa investiert. Wo sehen
Sie noch Chancen?
Im Dezember erfolgt der Startschuss für die Öffnung der Börse in Myanmar. Im kommenden Jahr werden sich dann ausländische Investoren beteiligen können. Das Potenzial schätzen wir sehr hoch ein. Die Wirtschaft wächst um rund acht Prozent. Zudem erwarten wir in Argentinien nach der Wahlentscheidung eine Änderung in der Wirtschaftspolitik, die sich positiv auf die Börse auswirken sollte. Die neue Regierung ist auf ausländisches Kapital angewiesen. Doch dazu wird sie sich mit
den Anleihegläubigern einigen müssen.
Kurzvita
Stefan Böttcher
Seit 2001 arbeitet Böttcher für den
britischen Fondsanbieter Charlemagne Capital, der einen Schwerpunkt auf Schwellen- und Entwicklungsländer legt. Zuvor war der Fondsmanager für die Gesellschaften Schroders und Flemings tätig.
Investor-Info
Fonds im Fokus
Magna New Frontiers
Die Vereinigten Arabischen Emirate, Vietnam, Ägypten - diese Länder haben im Magna New Frontiers Fund das höchste Gewicht. Fondsmanager Stefan Böttcher kauft weltweit Aktien aus Staaten, die geringer entwickelt sind als die etablierten Schwellenländer (sogenannte Frontier Markets). Diese bieten hohe Wachstumschancen, gleichzeitig gibt es viele Unwägbarkeiten (siehe Interview rechts). Mit einem Plus von 8,5 Prozent seit Jahresanfang zählt der Magna New Frontiers zu den besten Fonds für Aktien aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Auch auf Dreijahressicht ist er top. Dennoch ist er nur für mutige Anleger geeignet, die sich bewusst sind, dass der Fonds nicht nur riskant ist, sondern auch relativ klein und teuer.
Fazit: Sehr guter Fonds, um die Chancen wenig entwickelter Länder zu nutzen.