Italien
Der NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke soll am Dienstag beerdigt werden. Staat und jüdische Gemeinde lehnen ein Begräbnis in Rom ab
14.10.2013 – von Tobias Kühn
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Die Juden in Rom wehren sich gegen die Beisetzung des NS-Kriegsverbrechers Erich Priebke in Italien. »Er sollte in das Land zurückkehren, in dem er geboren wurde. Und das ist Deutschland. Er sollte in seinem Geburtsort beigesetzt werden«, sagte der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Rom, Riccardo Pacifici, am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, sagte dazu: »Ich persönlich kann verstehen, dass die jüdische Gemeinde in Rom die Beisetzung Priebkes in Deutschland fordert. Die hiesigen Behörden sind dann freilich aufgefordert, alles dafür zu tun, dass sein Grab nicht zu einer Pilgerstätte für Neo-Nazis wird.«
Die Verfolgung der noch lebenden NS-Verbrecher bezeichnete Graumann auch weiterhin als außerordentlich wichtig. »Mord verjährt nicht. Massenmord schon gar nicht. Wir sind es den Opfern und ihren Nachfahren schuldig, die Täter von damals vor
Gericht zu bringen und ihnen die Konfrontation mit der Wahrheit zuzumuten.«
Henningsdorf Der frühere SS-Offizier war am Freitag im Alter von 100 Jahren in Rom gestorben. Geboren wurde er in der Stadt Hennigsdorf nordwestlich von Berlin. Über eine mögliche Bestattung Priebkes in Hennigsdorf sagte eine Sprecherin der Stadt dem Evangelischen Pressedienst (epd): »Wir haben kein Interesse, hier Kriegsverbrecher beizusetzen.«
Priebkes Begräbnis ist Medienberichten zufolge für Dienstag angesetzt. Doch in Italien haben sich auch Vertreter des Staates und der Kirche gegen eine Beerdigung in Rom ausgesprochen. Wie die italienische Tageszeitung Il Messaggero meldete, werde derzeit nach Möglichkeiten für ein Begräbnis gesucht. Im Gespräch sei eine kleine Kapelle in der Nähe der Klinik, in der Priebke heute oder morgen obduziert werden soll, sowie die Grabstelle seines Anwalts außerhalb von Rom, die dieser eigentlich für sich gekauft hatte.
Massaker Priebke war an einem der schwersten Nazi-Massaker während des Zweiten Weltkriegs in Italien beteiligt: Am 24. März 1944 ermordete die SS in den Adreatinischen Höhlen in der Nähe von Rom 335 Männer, darunter 75 Juden. Priebke wurde dafür 1998 zu lebenslanger Haft verurteilt. Wegen seines hohen Alters saß er sie in der Wohnung seines Anwalts als Hausarrest ab. Eine Entschuldigung oder Reue waren von Priebke nie zu hören.
Bis 1994 lebte Priebke unbehelligt in Argentinien. Dorthin war er 1948 aus der englischen Kriegsgefangenschaft geflüchtet. Wie sein Anwalt Paolo Giachini mitteilte, wollte Priebke gern in seinem langjährigen argentinischen Wohnort Bariloche neben seiner Frau beerdigt werden. Doch Argentiniens Regierung lehnt die Bestattung ab. Das Auswärtige Amt in Buenos Aires twitterte, Außenminister Hector Timerman habe »die Anweisung gegeben, nicht die geringsten Bestrebungen zur Rückführung der Leiche (...) in unser Land hinzunehmen«. Argentinien werde »diesen Affront gegen die Menschenwürde nicht akzeptieren«. Jüdische Organisationen im Land begrüßten die Entscheidung.