"Duell mit besonderem Reiz"


Rio de Janeiro. In der südamerikanischen WM-Qualifikation steht am Donnerstag in Buenos Aires der große Schlager zwischen Argentinien und Brasilien auf dem Programm. Beide Nationen sind schlecht gestartet - und der Vizeweltmeister muss im Superclásico auch noch ohne seinen verletzten Superstar Lionel Messi auskommen. Brasiliens Nationaltrainer Carlos Dunga indes kann wieder auf seinen Star zurückgreifen.

"Wiener Zeitung": Brasilien ist mit einer Niederlage gegen Chile und einem Sieg gegen Venezuela in die Eliminatorias gestartet. Nun steht der Klassiker in Argentinien an. Ein Spiel mit viel Historie.

Carlos Dunga: Duelle gegen Argentinien haben immer ihren besonderen Reiz. Und sie sind besondere Herausforderungen, die uns aufzeigen werden, auf welchem Stand wir inzwischen angekommen sind. Neymar ist nach seiner Sperre erstmals wieder dabei, das wird uns helfen, unser Potential besser auszuschöpfen.

Nach seinem starken Debüt bei den Bayern herrscht um Bundesliga-Neuzugang Douglas Costa in München eine richtige Euphorie. Wie sehen Sie seine künftige Rolle in der Seleção und beim FC Bayern?

Pep Guardiola hat seine Stärken gut erkannt. Er ist stark im Spiel eins gegen eins. Auch wenn ich nicht gerne Vergleiche vornehmen will, ähnelt seine Spielweise der von Arjen Robben. Schnelligkeit, Kraft im Dribbling eins gegen eins, gute Schusstechnik, Spielübersicht, er kann auf verschiedenen Positionen eingesetzt werden. Die Entscheidung, einen Vertrag bei den Bayern zu unterschreiben, wird ihm helfen, weiter zu reifen. Aber er wird auch eine starke interne Konkurrenz haben. Brasilianische Spieler wollen immer spielen. Und um bei den Bayern eingesetzt zu werden, muss er stets eine große Form nachweisen. Wie auch hier bei der Seleção. Grundsätzlich aber gilt: An einer attraktiven und umkämpften Meisterschaft wie der Bundesliga teilzunehmen, immer bei der Champions League dabei zu sein, und im Kader Mitspieler zu haben, die alle um die Stammplätze kämpfen müssen, führt zu einem Qualitätssprung.

Luiz Gustavo ist beim VfL Wolfsburg zu einem Führungsspieler gereift, einem Klub, der sich in dieser Saison in der Champions League behaupten muss.

Luiz ist am höchsten Reifepunkt für einen Profi angelangt. Jeder Trainer baut gerne auf Spieler, die auch positive Leader sind, die ein Spiel lesen können, um es zu verstehen. Diese Spieler sind bereit, jederzeit dem Team zu helfen, können den anderen um ihn herum Sicherheit geben.

Einer, der das WM-Trauma 2014 miterlebt hat und noch heute darunter leidet, ist Abwehrspieler Dante von Wolfsburg. Hat er eine Chance, ins Team zurückzukommen?

Jeder Spieler hat eine Perspektive. Die Seleção darf nicht die Türen für Spieler in Europa verschließen. Jeder, der zur Seleção kommt muss aber sein Bestes geben, und darf nicht denken, dass der brasilianische Fußball rückständig ist. Gerade weil 90 Prozent der Spieler, die 2014 dabei waren, in Europa spielten.

Sie kennen den Fall Breno. Er kam als junger Spieler in die Bundesliga zum FC Bayern und hatte dort große Probleme (Verurteilung wegen schwerer Brandstiftung). Nach vier Jahren Pause steht er beim FC São Paulo unter Vertrag. Wie bewerten Sie diesen Fall?

Ich habe ihn damals zu den Olympischen Spielen mitgenommen. Ich hoffe, dass er es schafft, sich von all dem, was er erlebt hat, zu erholen, dass er aus den Fehlern, die er begangen hat, lernt. Spieler verlassen Brasilien, ohne reif oder vorbereitet zu sein, auf eine andersartige Kultur zu treffen. Wir dürfen nicht nur daran denken, dass sie dorthin gehen, um Fußball zu spielen. Neben dem Fußball hat er dort auch ein Leben außerhalb des Platzes. Er hat dort einen Umgang mit der Kultur des Landes, muss diese erlernen, respektieren. Natürlich ist er weiterhin Brasilianer, aber er muss mit den Menschen in Deutschland zusammenleben, die deutsche Kultur verstehen, die Sprache verstehen, um sich zu integrieren. Wenn du Brasilien verlässt, hörst du nicht auf, Brasilianer zu sein, aber du musst ein Deutscher in Deutschland sein, du musst dich anpassen. Es ist doch viel einfacher, wenn du dich an Deutschland anpasst, als dass sich Deutschland an dich anpasst. Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, Spieler erst ab einem bestimmten Alter ins Ausland wechseln zu lassen.

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