Ana Skupch entwickelte eine Software, die Epilepsie-Patienten helfen könnte
Ihre Mutter habe die Angewohnheit, jeden anzusprechen, der offensichtlich auch aus Argentinien ist, erzählt Ana Skupch. Bei ihrer letzten Konferenz in Stockholm habe sie ihr das gleichgetan - als sie zwei Teilnehmer auf Argentinisch diskutieren hörte. "Sie kamen aus einem Spital in Argentinien, das EEG auf der Intensivstation anwendet und darin manuell nach Mustern sucht", sagt Skupch. "Ich habe ihnen von unserer Software erzählt, und sie haben uns in ihre Studie aufgenommen." So hat sich durch die mütterliche Gewohnheit eine Forschungskooperation ergeben.
Skupch forscht am Austrian Instiute of Technology zu Epilepsie. Gemeinsam mit ihrem Team arbeitet sie daran, die Analyse von EEG-Bildern für Ärzte zu erleichtern. Mittels EEG werden Gehirnströme gemessen - über Elektroden an der Kopfhaut. Die Auswertung einer EEG-Kurve ist derzeit aufwändig: Eine Bildschirmseite dauert rund 20 Sekunden - bei einem Aufzeichnungszeitraum von mehreren Tagen werden daraus schnell einige Stunden.
Software "Neurotrend" analysiert EEG-Bilder
"Genau hier kommen wir ins Spiel", sagt Skupch. "Wir haben 'Neurotrend' entwickelt, eine Software, die diese EEG-Bilder automatisch analysiert." Gerade auf der Intensivstation sei das von großem Nutzen: Dort lägen häufig Patienten, die epileptische Anfälle haben, sich aber kaum bewegen, weil sie sediert sind.
"Man könnte sie mit dem EEG überwachen", sagt Skupch. Bis jetzt werde es allerdings nicht eingesetzt, da Ärzte nicht die Zeit hätten, die Ergebnisse auszuwerten. Die Software Neurotrend stellt grafisch dar, welche Muster im EEG gemessen wurden. "So wird zum Beispiel erkennbar, wie ein Patient auf ein Medikament reagiert. Das ist komplett neuartig."
Die 36-Jährige studierte auf der TU Wien Technische Mathematik und Elektrotechnik, mit Fokus auf Nachrichtentechnik. Bereits für ihre Diplomarbeit hatte sie es mit Methoden zu tun, die jenen ähneln, die für die automatische Analyse des EEGs gebraucht werden. Skupch entwickelte darin Modelle zur Datenübertragung.
Von der abstrakten Theorie zur Anwendung
Genau dieser gesellschaftliche Nutzen sei es, der sie dazu motiviert, sich "mit der trockenen Materie" zu beschäftigen, sagt Skupch: "Es gibt in der Mathematik so viele abstrakte Theorien, die aber in der Technik Anwendung finden können. Mir gefällt es, mir Verfahren zu überlegen, um das komplizierte EEG automatisch auszuwerten. So haben die Ärzte mehr Zeit, sich auf die Diagnose zu konzentrieren und sich Behandlungen zu überlegen."
Wenn sich Skupch nicht gerade mit Gehirnströmen beschäftigt, tanzt sie gerne. Ihre Lieblingsstile: Bollywood und Lindy Hop, ein Tanzstil aus den USA der 1930er-Jahre. Auch Reisen nach Europa und Argentinien zählen zu den Interessen der Wissenschafterin. Mit zwölf sprach Skupch, deren Eltern vor 32 Jahren aus Argentinien nach Österreich gekommen waren, bereits fünf Sprachen - Spanisch, Deutsch, Französisch, Portugiesisch und Englisch. Aktuell lernt sie die zehnte, "weil mein Freund Kroate ist". Als "Sprachen-Mensch" sieht sie sich trotzdem nicht - freut sich aber, ihre Kenntnisse "immer wieder für die Arbeit nutzen zu können". Gerade bei internationalen Konferenzen kommen sie ihr immer wieder zugute - nicht nur, um argentinische Wissenschafter in deren Muttersprache anzusprechen. (Lisa Breit, 18.3.2015)