1954, 1974, 1990, 2014! Und sie haben es doch noch geschafft: Deutschland ist zum vierten Mal Weltmeister. Die Deutschen ringen ein starkes Argentinien erst in der Verlängerung nieder. Mario Götze, der für Miroslav Klose eingewechselt wurde, traf in der 113. Minute zum entscheidenden 1:0-Siegtreffer.
Der Weltmeister-Titel ist die Krönung einer Generation und der Ära von Joachim Löw. Der 54-Jährige aus Schönau im Schwarzwald hatte die deutsche Nationalmannschaft 2004 nach der völlig misslungenen Europameisterschaft in Portugal übernommen. Zunächst war er noch der Assistent von Jürgen Klinsmann gewesen, doch bereits damals wurde gesagt, er sei derjenige, der für die taktischen Belange zuständig sei.
Zusammen mit Klinsmann konnte Löw das Image des deutschen Fussball wiederherstellen, das nach dem EM-Titel 1996 immer mehr gesunken war.
Das "Sommermärchen" und der dritte Rang bei der Heim-WM 2006 war der Ausgangspunkt für den Steigerungslauf der deutschen Nationalmannschaft, der am Sonntag im vierten WM-Titel einen (ersten) Höhepunkt fand.
Löw ist der Anführer, der sein Team einen spektakulären Fussball spielen lässt, der ab und zu Unwahrscheinliches produzierte. Ein 7:1 gegen Brasilien genauso wie ein 4:4 gegen Schweden nach zwischenzeitlicher 4:0-Führung.
Die Bilder zum Spiel:
Erfahrung als Trumpf
Die deutschen Tugenden seien zu wenig ausgeprägt, wurde der Mannschaft von Löw vorgehalten. In den entscheidenden Momenten scheiterte sie, 2008 im Final gegen Spanien, 2010 im Halbfinal erneut gegen Spanien und 2012 im Halbfinal gegen Italien.
Diesmal scheiterte sie nicht. Sie überwand die Schwierigkeiten. Im Achtelfinal gegen Algerien spielten die Deutschen zeitweise sehr schwach, aber sie kamen weiter und steigerten sich. "Ganz normal", sagte Löw. "Man kann nicht über sieben Partien auf Topniveau spielen."
Die angesammelte Erfahrung zahlte sich aus. Löw liess sich nie aus der Ruhe bringen, ging konsequent seinen Weg. Bastian Schweinsteiger bekam die nötige Zeit, sich von seiner Verletzung zu erholen. Gewisse Retuschen wurden ohne Hektik vorgenommen.
Und auch die Spieler zeigten, dass sie über einen grossen Erfahrungsschatz verfügen. Sie kämpften sich gegen Algerien durch, kontrollierten den Viertelfinal gegen Frankreich nach einem frühen 1:0 und setzten im Halbfinal gegen Brasilien zur Kür an.
Beginn einer Ära?
Die meisten deutschen Spieler agieren nicht nur mit der Nationalmannschaft auf höchstem Niveau, sondern auch mit ihren Klubs. Sieben Spieler im Aufgebot sind bei Bayern München unter Vertrag, vier bei Dortmund.
Aber es gibt auch solche, die mittlerweile im Ausland spielen. Das war etwa 2010 noch anders gewesen. Da standen im WM-Kader nur Bundesliga-Spieler. Der ausländische Einfluss hat gut getan, nicht nur jener durch die Legionäre, sondern auch jener durch die Coaches, die in der Bundesliga trainieren oder trainierten.
«Es erweitert den Horizont», sagte Bastian Schweinsteiger. Und Löw erklärte, sein Staff, unter anderem der Basler Urs Siegenthaler, reise durch die Welt, um Ideen zu sammeln. In den letzten Jahren wurde viel getan im Deutschen Fussball-Bund, nicht zuletzt in der Junioren-Förderung.
Das Reservoir an guten Spielern ist in Deutschland beeindruckend. Die meisten im aktuellen WM-Kader könnten zudem auch in vier Jahren in Russland noch dabei sein. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die WM 2014 in Brasilien nicht als Höhepunkt, sondern als Beginn einer deutschen Ära in die Fussballgeschichte eingehen wird.