Chinesisch-argentinischer Domino-Effekt löst Kursturbulenzen aus

 

Das schwächste Glied

 

China stellt eindeutig die weltweite „benchmark" für das auf und ab in den Emerging Marktes dar. Wie China tickt, so tickt auch der Markt, bzw. handeln die Anleger. Die Abschwächung der Wachstumsraten im Land der Mitte sorgten bereits im vergangenen Jahr für Mittelabflüsse aus sehr vielen regionalen Wachstumsstories rund um den Erdball. Die woanders abgezogenen Gelder landeten zuerst verstärkt an den stabilsten Börsen in Europa und - natürlich - in den USA. Gegen Ende 2013 wurden zusätzlich auch die „gefallenen Engel" der Eurozone zurückgekauft. Deutlich sinkende Renditen an den Anleihemärkten der europäischen Peripherie sowie deutlich zulegende Aktienkurse in Mailand, Madrid, Lissabon und Athen waren die Folge dieser Umschichtungen. Doch seit Mitte der vergangenen Woche scheinen die aus den etwas riskanteren Teilen der Welt abgezogenen Mittel nicht mehr automatisch den Weg in die erste Welt zu finden, sondern sind vielmehr für Anschlussverkäufe an den etablierten Börsenplätzen verantwortlich. Warum nun ausgerechnet jetzt diese Kettenreaktion einsetzt, kann vermutlich Niemand sagen, aber die neuerliche Krisensituation in Argentinien, immerhin ein Mitgliedsstaat der G-20, dürfte eine wesentliche Rolle spielen. Argentinien ist bereits seit Jahren ein ökonomischer und politischer Problemfall. Die beschleunigten Mittelabflüsse aus den Emerging Marktes, wie zum Beispiel aus dem Nachbarland Brasilien, ließen jetzt das Fass überlaufen.

 

Crash des argentinischen Peso

 

Das bereits seit längerem unter Devisenbewirtschaftung stehende Land, dessen Peso-Währung permanent in kleinen Schritten, von der Zentralbank über Deviseninterventionen gesteuert,  abwertet, gleicht inzwischen wieder einem wirtschaftlichen Scherbenhaufen, verursacht vor allem durch eine absolut unfähige Politik, verkörpert durch die Staatspräsidentin Cristina Kirchner. Mit der jüngsten Welle an Mittelabflüssen aus den Schwellenländern kapitulierte Argentiniens Notenbank und ließ am Donnerstag den Kurs des Peso um gewaltige 10 % abstürzen, intervenierte dann aber doch noch über Dollar-Verkäufe von etwa 100 Mio. zugunsten der Landeswährung. Auch am Freitag verbilligte sich der Kurs, so dass der Währungsverlust für 2014 bereits bei 20 % steht. Um noch massivere Abflüsse zu vermeiden, ist es den Argentiniern inzwischen extrem eingeschränkt oder gar nicht mehr erlaubt Kreditkarten-Transaktionen mit dem Ausland abzuwickeln. Online-Einkäufe, zum Beispiel beim e-Kaufhaus Amazon, dürfen nur noch im jährlichen Umfang von 25 (!!) USD frei von Sondersteuern stattfinden, die sonst zu 50 % aufgeschlagen werden. Normale Überweisungen ins Ausland (in andere Währungsräume) sind schon seit längerem hart reglementiert. Inzwischen kaufen etwa 8 argentinische Peso offiziell einen US-Dollar, am Schwarzmarkt müssen sogar 12 Peso je Greenback hingeblättert werden. Freitag nach Börsenschluss entschied sich die Regierung nach Konsultationen mit der Zentralbank dafür, die Restriktionen am Devisenmarkt etwas zu lockern. Bürger dürfen zum Beispiel jetzt wieder höhere Dollarbeträge offiziell vorhalten.

 

Zu wenig, zu spät

 

Offensichtlich  versucht das Kirchner-Regime der Panik den Boden zu entziehen, doch wer Argentinien - und die Argentinier - kennt, der weiß, dass diese Entscheidung zu spät kommt. Angesichts von abnehmenden Devisenreserven in Höhe von etwa 100 Mrd. USD, einer negativen Handelsbilanz, sowie einer Inflationsrate, die bereits offiziell bei etwa 10 % und in Wahrheit bei mindestens 25 % pro Jahr liegt, zudem oftmals per Kirchner-Dekret eingefrorener Preisen für Güter des täglichen Bedarfs, die daher kaum noch legal zu erwerben sind und einem inzwischen tief verankertem Misstrauen der Bevölkerung in die Politik und Landeswährung, wird der Devisen-Exitus unvermindert anhalten. Die relativ geringe Auslandsverschuldung des Staates - angesichts eines vollzogenen Schuldenschnitts vor erst einem Jahrzehnt auch nicht verwunderlich - ist der einzige positive Aspekt, der ins Feld geführt werden kann. Von daher dürfte es vermutlich nicht zu jener de facto Massenenteignung der Bevölkerung kommen wie damals, als Banken reihenweise in die Pleite gingen, Kontoguthaben untergingen und auch der Peso bereits deutlich abwertete.

 

Situation bleibt extrem gefährlich

 

Doch auch ohne massive Staatsverschuldung bleibt die Situation hochgefährlich, sowohl für Argentinien, als auch für andere Emerging Markets. Vermutlich sind an diesem Wochenende, also in diesen Stunden, viele Analysten bzw. Anleger auf der Suche nach einem weiteren Dominostein, der Argentinien folgen könnte - und die Auswahl ist riesig. Ein politisch nicht mehr steuerbares Thailand, die am Rande des Bürgerkriegs meandernde Ukraine oder auch die seit Wochen politisch schwer angeschlagenen Türkei, die Liste ließe sich umfangreich fortsetzen. Aber auch die überspekulierten Aktienmärkte der ersten Welt geben hervorragende Ziele ab um erst einmal „den Stecker zu ziehen".

 

Crash-Gefahr an den Aktienbörsen

 

Sicherlich sind schwache Konjunkturdaten aus China, die in der Folge eine Reihe von Währungen der Emerging Markets schwächen und die argentinische sogar abschießen nicht ein zwingender Grund für eine globale Investorenpanik, sie können aber der Auslöser für mindestens eine sehr schwere Korrekturbewegung vor allem an den Aktienbörsen sein. Das dürfte sich bereits morgen, bzw. in der Restwoche zeigen, eine Crash-Gefahr besteht allemal. Zu unbesorgt waren gerade an der Wallstreet und auch in Europa die Anleger in den vergangenen Monaten, als das diese jetzt auf etwaige Kurseinbrüche vorbereitet wären, entsprechend hoch ist der Absicherungs- bzw. Glattstellungbedarf.

 

Risk-Off übernimmt

 

Die noch vor wenigen Tagen zur Schau gestellte „Risk-On"-Bereitschaft der Anleger, die sich über zahlreiche Rekordstände an den internationalen Aktienbörsen manifestierte, dürfte erst einmal der Vergangenheit angehören: „Risk-Off" steht vor der Wiederauferstehung! Zu sehen wird das auch an den Devisenmärkten sein, mit relativ starken Notierungen für US-Dollar, Yen und Euro und entsprechend schwachen anderen „Weichwährungen" der Peripherie. Ob es sich bei den jetzt ablaufenden Turbulenzen nur um Reaktionen auf den vorherigen Überschwang oder gar um eine Trendwende handelt, kann sicher noch nicht entschieden werden. Charttechnisch betrachtet wurde allerdings am Freitag einiges an Porzellan zerschlagen, so dass sicherlich nicht nur ich mit einem sehr mulmigen Gefühl in die neue Handelswoche gehe.

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