Böse, autistisch, verrückt – wie ist Putin wirklich?

«Ist Wladimir Putin böse, traurig oder verrückt? Ist er ein unheimlicher, erfolgreicher Tyrann, der sich die Schwächen des Westens gnadenlos zu seinem Vorteil macht? Balanciert er als Oberhaupt eines scheiternden Staats, verzweifelt darum bedacht, nicht getötet oder verknackt zu werden? Oder ist er wahnsinnnig – wie der Böse in Hollywood-Filmen?».

Die Fragen, die das «Center for European Policy Analysis» aufwirft, stellt sich derzeit die ganze Welt. Die Angst vor einer Ausweitung des Ukraine-Kriegs wächst und Regierungen, Experten und «Putinisten» (siehe Box) versuchen sich einen Reim aus den Handlungen, der Mimik und den Aussagen des Kremlchefs zu machen. Stets auf der Suche nach Antworten auf die Fragen: Wie geht man mit dem mächtigen Mann um? Und was wird sein nächster Zug sein?

Ein Überblick über die prominentesten Ansätze im «Putinismus»:

«Putin ist böse»

Ein Vertreter des «Putin ist böse»-Lagers ist Walter Russell Mead. Er glaubt, dass Putin den Westen als Gefahr sieht. Gleichzeitig wolle er die Schwächen des Westens aufzeigen – vor allem jene Deutschlands. Die Botschaft wäre dann: «Wenn Deutschland die Ukraine nicht retten kann, kann es auch Griechenland, Italien und Spanien nicht reformieren».

Laut Mead will Putin Russland gar nicht zur Grossmacht führen, die sich gegen den Westen auflehnen kann. Er will bloss Kapital aus den Misserfolgen des Westen schlagen.

«Putin ist bemitleidenswert»

«Wir können nie wissen, wie Putin wirklich denkt», kontert Sam Greene vom Londoner King's College. Beobachte man Putins Handlungen, sehe man, dass es dem Kremlchef einzig darum gehe, an der Macht zu bleiben. Seine Innen- und Aussenpolitik seien rein darauf ausgerichtet. Laut Greene lässt Putin bewusst alle rätseln, was seine nächste Handlung ist. Denn er wisse genau: Sobald man herausfindet, wie er tickt, könne man ihn überlisten.

«Putin ist verrückt»

Andere bezeichnen Putin schlicht als verrückt. Etwa Barry Whitmore, ehemaliger Russland-Beobachter beim Radiosender «RFE». In einem Blog-Eintrag «Putin's Fantasy Island» begründet er diese Einschätzung mit den zunehmend bizarren Meldungen, die aus Moskau kommen. «Die ukrainische Armee ist eine Fremdenlegion der NATO», hiess es kürzlich aus dem Kreml. Oder: «Die Ukraine ist gar kein richtiges Land».

Doch auch die Interpretationen solcher Aussagen variieren: Laut «Economist» geht Putins Konfrontration mit dem Westen mit dem Niedergang seiner Wirtschaft einher. Die ukrainische Armee als «westliche Soldaten» zu bezichtigen ist demnach eine Strategie, den Westen an den Pranger zu stellen.

«Putin ist Autist»

Das US-Verteidigungsministerium liefert eine noch steilere These: Putin soll Autist sein. Die Körpersprachen-Expertin Brenda Connors und ihr Team analysierten den russischen Präsidenten seit 1996 anhand von Video-Aufnahmen. Sie kamen laut «USA Today» zum Schluss, dass er «an einer autistischen Störung leidet, die alle seine Entscheidungen beeinflusst». Seine neurologische Entwicklung sei in seiner frühen Kindheit unterbrochen worden.

Es bleibt: Ratlosigkeit

Wozu all die Psychogramme des russischen Präsidenten? Der Westen scheint eine Antwort auf die Frage zu suchen, wie er auf den Kremlchef reagieren soll. Einige mahnen zur Vorsicht, Putin sei ein Gefangener seiner schwierigen Kindheit, andere warnen, er spiele geopolitischen Blitzschach und kenne die Schwächen seiner Gegner, so der «Weltspiegel».

Die unterschiedlichen Deutungsweisen rufen verschiedene Reaktionen hervor: Während die USA eine Strategie der Härte propagieren, setzen die meisten EU-Staaten auf Diplomatie und Kompromissbereitschaft. Am Ende scheint aber im Westen vor allem eines zu bleiben: Ratlosigkeit. Genau das, was Putin bezwecken will?

(cfr)

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