Benoît Paire fordert sein Vorbild

Marat Safin war ein Idol von Benoît Paire. Das ist signifikant. Der Russe galt als verrückter Hund im Tennis-Circuit. Ansätze zum exotischen Vogel lässt auch der 23-jährige Franzose erkennen. Er reagiert häufig emotional und tobt auf dem Platz herum. Aber er ist gesegnet mit grossem Talent. Trotz kräftiger Statur, 80 Kilo, auf 1,96 Meter Länge verteilt, huscht er geschmeidig über den Court und schlägt die Bälle mit Eleganz. Verglichen mit ihm, wirkte sein Zweitrundengegner Lukasz Kubot fast hölzern. Der Pole unterlag der ATP-Nr. 46 in zwei Sätzen. Dadurch trifft der Mann aus Avignon nun auf Roger Federer.

Paire möchte aus diesem Experiment möglichst viel herausholen und hofft, dass er in einem guten Match alles geben kann, was er draufhat. Er bewundert Federer, respektiert ihn als Primus in der Branche, der auch die Emotionen jederzeit kontrolliert. Tröstlich sei für ihn, der Gefühlsausbrüche während Partien hinterher stets bedauert, dass sein Vorbild Federer als ganz junger Spieler ebenfalls sehr impulsiv war.

Eine ganz normale Person

Auf ein neuerliches Rendez-vous mit Federer würde sich auch die Setznummer 2, Juan Martin Del Potro, freuen. Er bezwang Brian Baker, der äusserst wirkungsvoll aufschlug und keck retournierte. Der 27-jährige Amerikaner kehrte im Sommer 2011 auf die Tour zurück, nachdem er wegen fünf Operationen (dreimal Hüfte, je einmal Ellbogen und Leiste) fast sechs Jahre hatte aussetzen müssen. «Es bereitet immer Freude, gegen Federer zu spielen», sagte Del Potro, der heuer schon sechsmal gegen den Schweizer verloren hat. Dazu sagte er im Spass: «Im nächsten Jahr werde ich nicht mehr an den gleichen Turnieren teilnehmen.» Dabei ist er ja froh, dass er überhaupt wieder spielen kann. Und das erst noch auf beachtlichem Niveau.

Nachdem er sich am 4. Mai 2010 am rechten Handgelenk hatte operieren lassen, malte er sich häufig eine düstere Zukunft ohne Tennis aus. «Doch Gott gewährte mir eine zweite Chance», sagte der gläubige Katholik. «Ich arbeite täglich hart, um wieder der Spieler zu werden, der ich einst war.» Vielleicht sei er sogar nach der Rückkehr von ATP-Platz 485 (Anfang 2011) in die Top Ten schon besser als einst als Nummer 4 der Welt. Der grösste Triumph für ihn war heuer der Gewinn der Olympiabronzemedaille in London. «Diese bedeutet mir gleich viel wie der Grand-Slam-Titel am US Open 2009.»

Guter Mensch und Patriot

Einst sagte Del Potro, es sei ihm wichtiger, ein guter Mensch als ein guter Tennisspieler zu sein. «Ja, das stimmt immer noch», bestätigt er. «Nach der Sportkarriere kann man nicht mehr an die Turniere reisen, muss sich ohne Racket zurechtfinden. Dann ist es wichtig, dass man sich mit den Leuten gut versteht.» Nun, das tut er offensichtlich schon heute. Zu Hause in Tandil trifft er Freunde, spielt zum Spass Fussball oder geht in den Ausgang. «Abseits vom Tennisplatz bin ich eine ganz normale Person. Ich bin 24-jährig – und ich verhalte mich auch wie ein 24-Jähriger.»

Er ist auch ein grosser Fan der argentinischen Fussballnationalmannschaft und überhaupt ein Patriot. «Ich liebe mein Land und seine Leute, aber über die politische Situation in Argentinien möchte ich mich lieber nicht äussern.» Auch auf der Tour fühlt er sich häufig ganz wohl, beispielsweise in Basel. Er könne hier unbehelligt durch die Stadt bummeln. Nur einer habe ihn erkannt und aus einem vorbeifahrenden Auto angesprochen mit den Worten: «Hallo, guten Tag, viel Vergnügen, geniesse Basel.» Es war sein möglicher Finalgegner, Roger Federer.

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