Bedingt erfolgreicher Anleihenrückkauf – NZZ.ch, 10.12.2012

Der von Griechenland in einer modifizierten «Dutch auction» durchgeführte partielle Rückkauf von Staatsanleihen, die erst im Frühjahr in der ersten Phase der Schuldenrestrukturierung ausgegeben worden waren, scheint vordergründig ein Erfolg zu sein. Griechische Banken (nicht aber Pensionskassen), ausländische Hedge-Funds und andere Investoren beteiligten sich ausreichend, so dass das Rückkaufziel von rund 30 Mrd. € wohl erreicht worden ist. Der Rückkauf gab Anlegern die Chance, ihre Exponierung gegenüber Griechenland teilweise oder ganz abzubauen. Hedge-Funds, wie Moore Capital, Third Point, Fir Tree und Appaloosa, die sich vor Monaten in der Überzeugung, die Euro-Zone werde keinen regelrechten Zahlungsausfall zulassen, zu viel tieferen Kursen, zum Teil für nur 15–20% des Nennwerts, eingedeckt hatten, werden stattliche Gewinne erzielen.

Zögernde Privatanleger

Anders sieht die Geschichte für individuelle Privatanleger aus. So hatte die von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz nach dem ersten Schuldenschnitt ins Leben gerufene Arbeitsgemeinschaft Griechenland-Anleihen (AGA) ihren 4500 Mitgliedern von einer Teilnahme am Buy-back abgeraten. Sie liefen Gefahr, rechtliche Ansprüche gegenüber Griechenland oder auch den Banken zu verlieren, die sie bei der Anlage beraten hatten. Erste Klagen vor deutschen Gerichten sollen bereits im Frühjahr verhandelt werden.

Gegen eine Beteiligung an dem Rückkauf sprachen auch Erfahrungen beim «freiwilligen» Schuldenschnitt im Frühjahr. Während damals partizipierende Anleger einen Verlust von 70% des Nennwertes erlitten, wurden «Holdouts» – Anleger wie die spezialisierten «vulture funds», die bei Restrukturierungen abseitsstehen, um höhere Preise zu erzwingen – später ohne grosses Aufheben vollständig bedient.

Kommentatoren haben auch auf den zirkulären Charakter des Rückkaufs aufmerksam gemacht. Gabriel Sterne von der auf Problemschulden spezialisierten Londoner Finanzboutique Exotix betont, dass es vielleicht Buchhalter und Banküberwacher beeindruckt, wenn der Staat Staatsschulden von verstaatlichten oder demnächst verstaatlichten Banken mit geborgtem Geld zurückkauft. An der unzureichenden Schuldennachhaltigkeit, gemessen mit einer richtig definierten Messlatte, ändere sich dagegen nichts.

Eine Folge der intensiven Beteiligung von griechischen Banken an dem Rückkauf ist ein deutlich gestiegener Anteil ausländischer Investoren an den verbliebenen Anleihen. Ihre Position ist gestärkt, falls sie auf eine Rückzahlung zum Nennwert spekulieren. Bei einer weiteren Schuldenrestrukturierung, die angesichts der hohen Gesamtverschuldung kaum vermeidbar sein wird, könnte es schwierig werden, sie zu einer Teilnahme zu zwingen. Die Existenz von «collective-action clauses» (CAC) hilft wenig, wenn das notwendige Quorum für ihr Inkraftsetzen nicht erreicht wird.

Für die griechische Restrukturierung nicht ohne Bedeutung ist der argentinische Schuldenmarathon. Er zeigt, wie die Existenz von «Holdouts» zu jahrelangem juristischem Streit führen kann. Argentinien hatte 2001 die Bedienung von Schulden in Höhe von 95 Mrd. $ beendet und zudem abgewertet. Nach zähen Verhandlungen stimmten 2005 und 2010 93% der Bondinvestoren einer Restrukturierung zu. Der Umtausch in neue Papiere mit einer Laufzeit von 30 Jahren bedeutete aber den Verlust von 70% des Nennwertes.

Jahrelanger Rechtsstreit

«Holdouts», wie der Hedge-Fund Elliot Capital Management bzw. die Tochter NML Capital mit Forderungen von 665 Mio. $, die Aurelius Capital und betagte Argentinier, versuchen seit Jahren gerichtlich Argentinien zur vollständigen Bedienung der Anleihen zu zwingen. Ein Verein von 55 000 italienischen Anlegern (TF Argentina) hat vor über fünf Jahren das Schiedsgericht der Weltbank (ICSID) eingeschaltet, um die Bedienung von Staatsanleihen im Nennwert von 4,4 Mrd. $ zu erreichen.

Bewegung in den Streit kam vor kurzem, als der von der Inflexibilität der Regierung in Buenos Aires entnervte New Yorker Richter Thomas Griesa auf der Basis von Pari-passu-Regeln entschied, dass Argentinien 1,33 Mrd. $ plus Zinsen an die «Holdouts» zahlen muss, bevor die nächste Tranche aus der Restrukturierung zur Auszahlung an die zustimmenden Investoren unter Führung der Hedge-Funds Gramercy und Brevan Howard kommen kann. Allerdings hat ein Berufungsgericht diese Verfügung wieder suspendiert und neue Hearings für Ende Februar festgelegt.

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