Im Konflikt um das in Ghana festgehaltene Schulschiff «Libertad» zeigt sich die argentinische Regierung unnachgiebig. Am Montag kündigte sie an, sie werde gegen Ghana eine Klage am Internationalen Seegerichtshof in Hamburg einreichen, sollte der Dreimaster nicht umgehend freigegeben werden. Argentinische Rechtsanwälte seien bereits in Hamburg eingetroffen, um die Klage vorzubereiten, sagte der argentinische Aussenminister Héctor Timerman. Nach der Evakuierung von rund 300 Seeleuten und Gästen Ende Oktober befinden sich derzeit noch 45 Besatzungsmitglieder an Bord des Schiffes.
Pfand für Schulden
Der Dreimaster «Libertad», welcher der argentinischen Marine zu Schulungszwecken dient, wird seit dem 2. Oktober im ghanesischen Hafen Tema festgehalten. Ein Richter des Handelsgerichts in Accra hatte, wie seinerzeit berichtet, die Blockade angeordnet. Der Richter folgte damit einem Antrag des amerikanischen Investmentfonds NML Capital. Dieser will das Schiff als Pfand zurückhalten. Laut NML Capital schuldet Argentinien dem Fonds rund 370 Millionen Dollar. Nachdem Argentinien 2002 zahlungsunfähig geworden war, hatte der Kapitalfonds günstige Staatspapiere aufgekauft. Nun fordert NML Capital die Schulden ein. Von den ursprünglich insgesamt 90 Milliarden Dollar Schulden sind bis heute 12 Milliarden Dollar nicht geregelt, rund ein Drittel davon bei Kapitalfonds.
Die Kaution für das Schulschiff «Libertad» wurde auf 20 Millionen Dollar festgesetzt. Die Regierung in Buenos Aires denkt jedoch nicht daran, den Forderungen nachzukommen. Das Schiff könnten sie behalten, sagte Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner. Die Freiheit und Würde werde Argentinien aber weder ein «Geierfonds» noch sonst jemand nehmen.
Trotzhaltung
Argentiniens Trotzhaltung hatte vergangene Woche zu einer kritischen Situation im Hafen von Tema geführt. Da das Schiff an einem für den Güterumschlag wichtigen Kai liegt und Einbussen von täglich 60 000 Dollar verursacht, wollten die Hafenbehörden den über hundert Meter langen Dreimaster verlegen. Die Prozedur hätte 15 Minuten gedauert. Als die Behörden das Schiff für die Verlegung vorbereiten wollten, zeigte die Besatzung ihre Waffen und hinderte die Arbeiter daran, an Bord zu gehen. Die Situation konnte erst nach mehreren Stunden entschärft werden. Argentiniens Verteidigungsminister Arturo Puricelli, der den Vorfall bestätigte, rechtfertigte das Verhalten der Besatzung.
Argentiniens diplomatische Versuche, die «Libertad» freizubekommen, sind bisher gescheitert. Ob nun die Drohung einer Klage vor dem Seegerichtshof Ghana zum Einlenken bewegt, wird sich zeigen. Argentinien beruft sich darauf, dass die «Libertad» als Kriegsschiff Immunität geniesse. Tatsächlich gilt für Kriegsschiffe Immunität, auch nach ghanesischem Recht. Der Richter in Accra wie auch der Klägeranwalt weisen jedoch darauf hin, dass Argentinien manchen Gläubigern gegenüber ausdrücklich auf die Immunität seines Staatsvermögens verzichtet habe. Wie auch immer die Odyssee der «Libertad» enden mag – den 45 Besatzungsmitgliedern ist zu wünschen, dass es bald geschieht.