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Wahlsieger Mauricio Macri will sein Land mit einem Kabinett aus früheren Bankern und Konzernmanagern mit den Finanzmärkten versöhnen. Wo das Geld für den Schuldendienst herkommen soll, bleibt jedoch unklar.
Zwölf Jahre lang war Argentinien unter der Präsidentschaft der Kirchners Paria und Rebell des Weltfinanzsystem. Sollte er die Wahl gewinnen, werde er aufräumen, versprach der Konservative Mauricio Macri. Nun hat er gewonnen, und macht ernst: Das neue Kabinett besteht vor allem aus Bankern und Wirtschaftsvertretern. Der frühere Zentralbankchef und JP-Morgan-Mann Alfonso Prat-Gay wird Finanzminister. Der ehemalige Shell-Manager Juan José Aranguren Energieminister, der Ex-Präsident von Banco Ciudad, Federico Sturzenegger, soll die Zentralbank leiten. Die neue Außenministerin Susana Malcorra hat 25 Jahre bei IBM und Telecom gearbeitet und war zuletzt bei den Vereinten Nationen. Sogar das Innenministerium geht an einen Ökonomen.
Dieses Personal-Tableau macht klar, wo Macri hinwill: Er will die drittgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas nach Brasilien und Mexiko wieder stärker mit der Weltwirtschaft verzahnen, will zurück an die Finanz- und Kreditmärkte, von denen das Land seit der Pleite 2002 abgeschnitten war. Und er will das Land mit den Hedgefonds versöhnen, die die scheidende Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner nur "Geier" genannt hatte, und denen Argentinien Milliarden schuldet. Deshalb soll die erste Reise des neuen Teams ins Finanzzentrum New York führen, eine weitere geht nach Peking, denn auch bei den Chinesen steht Argentinien in der Kreide.
Wo das Geld für einen mustergültigen Schuldendienst herkommen soll, ist allerdings unklar. Der künftige Finanzminister Prat-Gay geht von nicht mehr als sechs bis sieben Milliarden Dollar Nettoreserven aus, wie er sagte. Macri sagte am Mittwoch sogar, es seien so gut wie überhaupt keine Dollars in der Zentralbank, weshalb die Devisenkontrollen der Vorgängerregierung keinen Sinn mehr ergäben. Macri kündigte an, schleunigst einen einheitlichen Wechselkurs des Peso zum Dollar einzuführen.
Bisher gab es eine Vielzahl davon, der offizielle Kurs und der auf dem Schwarzmarkt lagen fast 60 Prozent auseinander. Macris Plan ist riskant, weil er die Verbraucherpreise in die Höhe treiben kann - und das bei ohnehin 20 Prozent Inflation und einer Opposition, die auf der Lauer liegt. Die linksperonistischen Gewerkschaften waren die Machtbasis von Präsidentin Kirchner gewesen, die nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten konnte. Im Parlament hat Macri auch keine Mehrheit, allerdings ist die Stellung des Präsidenten stark.
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Argentiniens Gesellschaft ist angesichts des scharfen Gegensatzes von Arm und Reich gespalten, die Stimmung stets explosiv, weshalb Macri versprochen hat, nicht gleich alle Sozialprogramme der Kirchners zu schleifen. Die waren vor allem mit der Notenpresse finanziert worden.
Kirchner hatte auf Umverteilung und Autarkie gesetzt, Importkontrollen, Ausfuhrzölle und Sozialausgaben sollten die Binnen-Wirtschaft stärken, eigene Wertschöpfungsketten etablieren und den Konsum stärken. Von diesem Modell nimmt Macri Abschied, er will Importbeschränkungen aufheben und ausländische Investitionen ankurbeln - und vor allem die Boykotthaltung der Agrarbarone beenden. Die haben Sojabohnen im Wert von acht Milliarden Euro eingelagert, weil sie auf den Wahlsieg Macri spekulierten, der versprochen hat, die Ausfuhrzölle zu senken. Es war dieser Konflikt mit der Agrarindustrie, der Kirchner in ihrer Amtszeit am meisten zusetzte.