Buenos Aires, 16.05.2014 (KAP) Argentiniens Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner hat am Donnerstagabend überraschend die Spitze der Argentinischen Bischofskonferenz (Conferencia Episcopal Argentina/CEA) im Präsidentenpalast in Buenos Aires empfangen. Sie reagierte damit auf einen heftigen Schlagabtausch zwischen Kirche und Regierung über Gewalt und Korruption im Land. Wie die Tageszeitung "Clarin" berichtete, fand das Gespräch zwischen Kirchner und der vom CEA-Vorsitzenden Erzbischof Jose Maria Arancedo angeführten Delegation in einer "herzlichen Atmosphäre" statt. Beide Seiten verzichteten aber zunächst auf offizielle Stellungnahmen.
Zuvor hatte die CEA zum Abschluss ihrer Vollversammlung scharfe Kritik an der gesellschaftspolitischen Situation im Land geübt. Argentinien sei "an der Gewalt erkrankt und leide unter einem Krebsgeschwür der Korruption", kritisierten die Bischöfe. Nicht nur die Zahl der Gewalttaten, auch deren Aggressivität habe deutlich zugenommen. Die öffentliche wie private Korruption sei ein "soziales Krebsgeschwür, das zu Ungerechtigkeit und Tod führt". Abgezweigtes Geld, das eigentlich für das Wohl des Volkes vorgesehen sei, hat laut CEA zu Ineffizienz in öffentlichen Diensten wie Gesundheit, Bildung und Transport geführt.
Fernandez de Kirchner hatte die Vorwürfe zurückgewiesen: "Wir haben keine gewalttätige Gesellschaft", sagte sie bei der Einweihung einer Skulptur zu Ehren des vor genau 40 Jahren von Paramilitärs ermordeten katholischen Geistlichen Carlos Mugica. Sie warf den Bischöfen vor, mit ihrer Kritik gezielt alte Konfrontationen wieder aufleben lassen zu wollen.
Papst-Friede in Gefahr
Hintergrund ist, dass sich nach der Papstwahl des Hauptstadtkardinals Jorge Mario Bergoglio vor einem Jahr das Verhältnis von Regierung und Kirche zumindest öffentlich deutlich entspannt hatte. Fernandez de Kirchner vollzog eine radikale Wende. Während sie zuvor Erzbischof Bergoglio jahrelang ignorierte, suchte sie nun auffallend oft die Nähe von Franziskus. Zudem entschied die Präsidentin, in diesem Jahr erstmals seit acht Jahren wieder am traditionellen Te Deum in der Kathedrale von Buenos Aires teilzunehmen.
Zuletzt hatte Fernandez de Kirchner im Jahr 2006, damals an der Seite ihres Vorgängers und inzwischen verstorbenen Ehemanns Nestor Kirchner, dem Gebet beigewohnt. Erzbischof Bergoglio nutzte damals den Anlass zu einer kritischen gesellschaftspolitischen Bilanz der Lage im Land. In den Folgejahren blieb Fernandez de Kirchner dem Te Deum in Buenos Aires fern und nahm stattdessen an Gottesdiensten im Wallfahrtsort Lujan teil.
Am 25. Mai wird nun Erzbischof Mario Aurelio Poli, Nachfolger Bergoglios in Buenos Aires, die Predigt halten. Beobachter erwarten allerdings eine weniger kritische Auseinandersetzung. Poli, der im Februar von Franziskus in den Kardinalsstand erhoben wurde, gilt als weniger politisch als sein Vorgänger.