von Alexander Sturm, Euro am Sonntag
Am Ende wurde es knapp: Mit 51,4 Prozent der Stimmen hat Mauricio Macri, der wirtschaftsfreundliche Kandidat der Opposition, die Präsidentschaftswahl in Argentinien gewonnen. Der Bürgermeister von Buenos Aires setzte sich bei einer Stichwahl gegen Daniel Scioli durch, der von Amtsinhaberin Cristina Fernández de Kirchner unterstützt wurde. Sie durfte nicht mehr antreten. Die Börse (siehe auch Investor-Info) begrüßte den Sieg Macris: Die Kurse argentinischer Staatsanleihen stiegen deutlich.
Ende einer linken Epoche
Nun wird Macri am 10. Dezember neuer Präsident. Damit markiert er eine Zäsur in Argentinien. Nach zwölf Jahren endet dort der "Kirchnerismo", die linke Politik von Néstor Kirchner und seiner Frau Cristina. Das Ehepaar hatte das Land seit 2003 geführt und nach der Staatspleite Anfang des Jahrtausends auf eine protektionistische Wirtschaftspolitik gesetzt.
Die Krise im Land wollten beide mit hohen Sozialleistungen für Arme bekämpfen - was das Haushaltsdefizit anschwellen ließ. Zudem leidet das Land unter hoher Inflation, Korruption und Stagnation. Es ist faktisch von den Kapitalmärkten abgeschnitten und hat kaum Devisenreserven. Kontrollen sollen die Ausfuhr von US-Dollar erschweren. Dazu kommt ein Schuldenstreit mit Hedgefonds.
Nun steht Argentinien vor einer Liberalisierung. Macri kündigte an, die Ausfuhrsteuer von 20 Prozent für Weizen und Mais zu streichen. Zudem will er Devisenkontrollen schrittweise abbauen und den Argentinischen Peso abwerten. Im Kampf gegen das Defizit dürfte er staatliche Subventionen für Energie und Verkehr kürzen, die ein Fünftel des Haushalts ausmachen.
"Macri weiß, was das Land braucht, um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen und der Wirtschaft auf die Füße zu helfen", sagt Andrew Stanners vom Fondsanbieter Aberdeen. Indes muss sich der neue Präsident auf Gegenwind einstellen: Sein Wahlbündnis hat im Parlament keine Mehrheit. Er steht starken Gewerkschaften gegenüber. Und er kann Sozialleistungen nicht auf einmal abbauen, Millionen Argentinier hängen von ihnen ab.
Analysten von HSBC glauben nicht an eine sofortige ökonomische Trendwende: Macris Sparkurs dürfte die Wirtschaft 2016 noch leicht schrumpfen lassen. Erst 2017 rechnen sie mit neuem Schwung: Dann werde Argentinien mit 3,5 Prozent wachsen.
Bald Wahlen in Venezuela
Macris Wahl könnte sogar einen Wandel in Lateinamerika einleiten. In Venezuela wird am 6. Dezember gewählt, die sozialistische Regierungspartei liegt in Umfragen zurück. Das Land leidet unter ähnlichen Problemen wie Argentinien.
Zudem erleichtert der Machtwechsel Verhandlungen um ein Freihandelsabkommen zwischen EU und dem Mercosur-Verbund (Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay und Venezuela). Argentinien hatte bisher mit Venezuela gebremst. "Wir erwarten neue Impulse", sagt Stefan Mair vom Industrieverband BDI. In die seit Jahren stockenden Gespräche könnte nun Bewegung kommen - und Macris Wahl der Auftakt für einen offeneren Handel der EU mit Lateinamerika sein.
Investor-Info
Templeton Latin America Fund
Den Kontinent im Bündel
Argentinien ist von den Kapitalmärkten weitgehend abgeschnitten. Fonds auf den Aktienindex Merval gibt es nicht. Wetten darauf wären ohnehin riskant: Argentiniens Börse ist in einem Jahr gut 45 Prozent gestiegen. Der Templeton-Fonds, der eine gute Langzeitbilanz hat, streut das Risiko über mehrere Länder wie Brasilien, Mexiko und Chile. Argentinien hat ein relativ großes Gewicht von fünf Prozent. Nur für Wagemutige, die auf einen Politikwechsel in Südamerika setzen wollen. Größter Wert im Portfolio ist der Einzelhandelskonzern Walmart de Mexico.
RBS MSCI Frontier Markets ETF
Günstige Grenzmärkte
Wer stärker auf Argentinien setzen will, kann den ETF für Frontiermärkte kaufen. Im günstigen Indexfonds hat das Land nach Kuwait und Nigeria mit gut zehn Prozent das drittgrößte Gewicht. Dank des wachsenden Interesses der Investoren fuhr der Fonds zuletzt hohe Gewinne ein. Über drei Jahre legte der Fonds um gut 40 Prozent zu. Finanz-, Öl- und Konsumaktien haben den größten Anteil.
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