Wie eine dunkle Wolke hängt der Schuldenstreit mit zwei US-Hedgefonds seit Jahren über Argentinien. Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas zeigt sich dennoch unnachgiebig. Nach den Wahlen am 25. Oktober könnte sich das ändern. „Es gibt große Anreize für den nächsten Präsidenten, eine Lösung zu finden“, ist Finanzanalyst Gabriel Torres von der Ratingagentur Moody's in New York überzeugt. „Denn die Regierung braucht Geld aus dem Ausland.“
Der Konflikt reicht bis zur Staatspleite Ende 2001 zurück. Mit einem Großteil seiner Gläubiger hatte sich Argentinien damals auf Erlasse und Umschuldungen geeinigt. Die beiden US-Fonds aber beharren wie eine Reihe weiterer Gläubiger auf ihren Forderungen. Sie verlangen rund 1,5 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro), was Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner als Ansinnen von „Geiern“ zurückweist.
Das Tauziehen raubt Argentinien zunehmend die Kräfte. Die Hedgefonds unter Führung von Milliardär Paul Dinger und seinem Elliott Management haben sich die Rückendeckung eines US-Gerichts geholt, die Urteile brachten Argentinien den Stempel „teilweise zahlungsunfähig“ ein. Obwohl das Land anders als vor 14 Jahren über Devisenreserven verfügt, blockiert die Einstufung den Zugang zu internationalen Kapitalmärkten und schreckt Investoren ab.
Argentinien verfügt über geringe Devisen
Kirchner hat den Fonds unbeeindruckt die kalte Schulter gezeigt, nicht einmal auf Gespräche wollte sie sich im vergangenen Jahr einlassen. Ihr Nachfolger indes könnte sich zu einem Entgegenkommen gezwungen fühlen. Eine Finanzklemme wäre der wichtigste Anstoß für Argentinien, sich in dem Streit zu bewegen, erklären Analysten. Das Land verfügt über Devisen von rund 27 Milliarden Dollar (24 Milliarden Euro) - relativ wenig angesichts der Größe der Volkswirtschaft und der generösen Förderprogramme der Regierung.
Der in Umfragen auf Platz eins liegende Präsidentschaftskandidat der Regierungspartei, Daniel Scioli, hat zwar ebenso wie Kirchner eine harte Haltung eingenommen. Zugleich aber hat er versprochen, eine Lösung zu finden. Ökonomen in seinem Team haben deutlich auf die Probleme Argentiniens, an Geld zu kommen, hingewiesen, solange der Schuldenstreit kein Ende hat. Auch Sciolis stärkster Herausforderer Mauricio Macri, der Bürgermeister von Buenos Aires, hat eine Lösung zugesichert.
Näheres lassen die Kandidaten nicht durchklingen. Aber es zeichnen sich mehrere Möglichkeiten ab. Argentinien könnte sich zu günstigen Konditionen auf eine Einmalzahlung einlassen. Oder es könnte zu einer Umschuldung kommen.
Argentinier fühlen sich unfair behandelt
Politisch ist der Umgang mit dem Streit allerdings weiter ein Minenfeld. Macri, der vor einem Jahr für ein Nachgeben eintrat, vermeidet das Thema nun möglichst im Wahlkampf. Wo er sich dennoch dazu äußern muss, betont er, er würde als harter Verhandler auftreten und keine „ungerechtfertigte“ Summe zahlen.
Der neue Staatschef werde es nicht leicht haben, dem Volk eine Einigung schmackhaft zu machen, ist Roberto Bacman überzeugt, der Direktor des Markt- und Meinungsforschungszentrums CEOP. Denn viele Argentinier seien der Ansicht, dass ihr Land unfair behandelt wird.
Nach der Pleite:
Argentinien verkauft neuen Volks-Bond
Derweil dehnt die Regierung ihre Bemühungen um die dringend benötigten internationalen Finanzspritzen aus. In China ist sie auf offene Ohren gestoßen. In den vergangenen zwei Jahren kamen so mehrere Verträge zustande, darunter Abkommen über milliardenschwere Infrastrukturprojekte. Die Bedingungen wurden allerdings nie öffentlich gemacht. Beobachter gehen davon aus, dass die Zinsen deutlich über den gängigen Marktkonditionen liegen. „Argentinien belastet damit seine Zukunft“, warnt der ehemalige Währungsfonds-Ökonom Brett House.
Nur ein Ende der Auseinandersetzungen mit den Gläubigern kann nach Ansicht von Moody's-Analyst Torres den Weg zu günstigen Krediten frei machen. Eine Einigung führe zwar zu einigen Kosten, sagt er. „Aber es nicht zu tun, bringt enorme Kosten.“
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