Argentinien rüstet Armenhaus Bolivien auf

Auch in Lateinamerika, das so fernab der großen Krisen dieser Welt zu liegen scheint, bauen Staaten ihre Streitkräfte aus. Abgesehen von großen aktuellen Beschaffungsprogrammen etwa in Brasilien, Chile und Argentinien, die ganz wesentlich die Modernisierung der jeweiligen Luftwaffen anstreben, tut sich auch in kleineren und ärmeren Staaten etwas. Zuletzt in Bolivien: Der dortige Präsident Evo Morales und Argentiniens Verteidigungsminister Agustin Rossi gaben dieser Tage bekannt, dass ein Grundsatzabkommen zur militärischen Zusammenarbeit geschlossen worden sei. Konkret will Bolivien eine größere Anzahl von Waffensystemen und anderen Ausrüstungsgütern von seinem südlichen Nachbarn Argentinien erwerben.

Die Beschaffung wird demnach in den kommenden 90 Tagen konkretisiert. Im Kern, so wurde bekannt, soll es um moderne Radars, leichte Trainer/Erdkampfflugzeuge des argentinischen Modells FMA "Pampa" sowie um Mehrfachraketenwerfer der Kaliber 127 oder 105 Millimeter für die Artillerie gehen. Argentinien soll die angejahrten Sturmgewehre des belgischen Typs FN-FAL, die auch in Argentinien üblich sind, modernisieren (das bolivianische Militär hat auch andere Gewehrtypen, etwa das israelische "Galil" und das österreichische Steyr AUG) und Schutzbekleidung liefern. Auch auf Ausbildungsebene will man zusammenarbeiten, etwa durch gemeinsame Übungen, den Austausch von Offizieren und die Entsendung argentinischer Militärberater.

Der ab den 1970ern entwickelte und seit Mitte der 1980er von der Fábrica Militar de Aviones (FMA) in Córdoba gebaute "Pampa"-Jet ähnelt dem deutsch-französischen "Alpha Jet" von Dornier/Dassault. Etwa 24 wurden seither für die argentinische Luftwaffe konstruiert, Exportschlager wurde keiner daraus. Die Bewaffnung besteht aus einer 30-mm-Kanone, etwa 1500 Kilogramm können an Bomben und Luft-Boden-Raketen mitgeführt werden.

Chris Lofting/www.airliners.net Pampa der argentinischen Luftwaffe"Pampa" der argentinischen Luftwaffe / Bild: Chris Lofting/www.airliners.net 

 

Die angekündigte Kooperation dürfte traditionsgemäß im Nachbarland Chile für Rumoren sorgen. Im Salpeter-Krieg 1879-84 verlor Bolivien nämlich seinen Zugang zum Pazifik in der Atacamawüste an Chile, was seither für eine Art Dauerkrise zwischen beiden sorgt. Bolivien fordert immer wieder mantraartig das Gebiet zurück, was Chile, das militärisch indes vielfach überlegen ist, zurückweist.

Glücklose Militärgeschichte

Generell verlief die Militärgeschichte Boliviens seit der Unabhängigkeit von Spanien 1825 glücklos, denn seither hat das Land, das eines der ärmsten Lateinamerikas ist (Rang 113 auf dem UN-Entwicklungsindex 2013, der 187 Staaten umfasst, das ist nach Gabun und vor Moldawien), noch jeden militärischen Konflikt gegen fremde Mächte verloren, beispielsweise auch den Chacokrieg 1932-35 gegen Paraguay.

Boliviens Streitkräfte umfassen etwa 35.000 bis 50.000 Mann - die Zahlen sind tatsächlich nicht eindeutig, es hängt wohl davon ab, ob man Paramilitärs und Hilfeinheiten einrechnet. Sie sind großteils eher mangelhaft ausgerüstet und infanterielastig, an schweren Heereswaffen gibt es beispielsweise nur einige Dutzend alte M113-Schützenpanzer, "Cascavel"-Radpanzer und andere leichte Panzerfahrzeuge, etwa 40 gezogene Feldkanonen und Haubitzen, teils aus den 1930ern.

Dafür ist Bolivien eines der wenigen Länder, die Jagdpanzer vom österreichischen Typ Steyr "Kürassier" unterhalten. Ende der 1970er waren 54 Stück beschafft worden, aktuell sind davon mindestens 36 einsatzbereit.

Boliviens Präsident Evo Morales auf einem Kürassier / Bild: FAB 

 

Bild vergrößernDeutsche Feldkanone 18, Kaliber 75 Millimeter, Waffe der 1930/40er-Jahre in Boliviens Heer / Bild: Israel Soliz/Wikipedia 

 

Die kleine Luftwaffe (laut World Air Forces 2015 etwa 75 verwendbare Fluggeräte) besteht hauptsächlich aus Hubschraubern, Transportflugzeugen und Propellerflugzeugen (darunter neun DA40 der österreichischen Firma Diamond), es gibt etwa 20 leichte Düsentrainer/Erdkampfflieger aus China (Hongdu JL-8) und den USA (Lockheed T-33 "Shooting Star").

Bild vergrößernZwei bolivianische "Shooting Stars" / Bild: Marcelo Peredo/Bolivian Air Force 

 

Marine ohne Meer

Das Binnenland Bolivien betreibt übrigens eine rund 4000 bis 5000 Mann starke Marine inklusive rund 2000 Mann Marineinfanterie. Mit rund 60 kleinen und kleinsten Wachbooten operiert diese "Binnen-Marine" auf dem an Peru grenzenden Titicacasee und den größeren Flüssen des Tieflandes. Ihre Existenz wird aber auch ausdrücklich mit symbolischen Motiven begründet: Nämlich um den Anspruch auf den verlorenen Meereszugang zu demonstrieren.

 

Bild vergrößernMilitärpolizisten der bolivianischen Marine / Bild: Israel Soliz/Wikipedia 

 

Bild vergrößernGroßes Wachboot auf dem Río Paraguay / Bild: Armada Boliviana 

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