26.11.2012
Argentinien keilt gegen Geierfonds zurück
Kurz vor Zwölf: Argentiniens Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner
Überraschend hat ein New Yorker Gericht Hedgefonds Recht gegeben, die Argentiniens Umschuldung infrage stellen. Nun wollen die Südamerikaner in Berufung gehen. An ihrer Seite: andere Hedgefonds - und die Sorge um die Stabilität des Weltfinanzmarkts.
Buenos Aires/New York - Rund zehn Jahre nach der größten Staatspleite der Geschichte kämpft Argentinien darum, einen Angriff von Finanzinvestoren gegen seinen Schuldenschnitt in letzter Minute abzuwehren. Die Regierung wollte am Montag Berufung gegen das Urteil eines US-Bundesgerichts einlegen, dass sie in der vergangenen Woche zur Zahlung von 1,3 Milliarden Dollar an Hedgefonds bis Mitte Dezember verdonnert hat. Dabei geht es um Investoren, die eine Teilnahme an den beiden Umschuldungen der Jahre 2005 und 2010 verweigerten.
Präsidentin Cristina Fernandez kündigte bereits an, die widerspenstigen Fonds NML Capital und Aurelius Capital, die sie als "Aasgeier" bezeichnete, niemals auszuzahlen. Notfalls wolle sie bis zum Obersten US-Gerichtshof ziehen. Die Finanzinvestoren haben sich nach der spektakulären Staatspleite und Abwendung Argentiniens vom US-Dollar 2001 günstig argentinische Staatsanleihen gekauft, in der Hoffnung, doch noch Ansprüche anmelden zu können.
Auf der anderen Seite stehen neben der südamerikanischen Republik selbst auch mehrere US-Investoren, die sich wie die große Mehrheit der damaligen Gläubiger an der Umschuldung in den 2000er Jahren beteiligten und neue Bonds von Argentinien akzeptierten. Diese könnten nun ebenfalls wertlos werden, falls das Land vor der Wahl steht, entweder alle Gläubiger zu bedienen oder keine. Rechtsexperten zufolge steht das Urteil von Richter Thomas Griesa in Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung und auch der Haltung der US-Regierung.
Argentinien wittert "juristischen Kolonialismus"
Der Rechtsstreit droht nicht nur die Erholung Argentiniens zu beeinträchtigen und Investoren zu verschrecken. Er weckt auch Befürchtungen, dass Schuldenschnitte von Krisenländern wie etwa Griechenland komplizierter werden könnten. Das ist auch ein entscheidender Punkt, auf den die Regierung in Buenos Aires in ihrer Argumentation setzt.
Sie fordert von dem Berufungsgericht in New York, dass es das Urteil von Richter Thomas Griesa aufhebt, weil es künftige Staatsumschuldungen infrage stelle und damit auch die globale Finanzbranche gefährde. Argentiniens Wirtschaftsminister Hernan Lorenzino kritisierte das Urteil des US-Richters als juristischen Kolonialismus. "Das einzige, was noch fehlt, ist dass Griesa die US-Flotte in Marsch setzt", sagte Lorenzino bei der Erläuterung der Berufungspläne.
Rund 93 Prozent der Gläubiger hatten bei den beiden argentinischen Umschuldungen mitgemacht und zugunsten neuer Papiere auf 70 Prozent ihrer Forderungen verzichtet. NML Capital und Aurelius Capital machten dabei aber nicht mit. Sie erzwangen sogar im Oktober 2012, dass das argentinische Marineschulschiff "Libertad" in Ghana als Pfand festgesetzt wurde. Dabei kommt ihnen zugute, dass anders als im Fall Griechenland und bei vielen heutigen Bondverträgen von Argentinien keine sogenannten Zwangsumschuldungsklauseln (CACS) festgeschrieben wurden, die eine Teilnahme an einem Schuldenschnitt erzwingen können.
NML ist allerdings offenbar zu einer Beilegung des Streits bereit, sollte Argentinien eine gewisse Summe und Bonds anbieten, wie aus dem Umfeld des Fonds verlautete. Die Aussichten in dem Rechtsstreit werden von Experten unterschiedlich beurteilt. Richter Griesa hat Argentinien eine Zahlungsfrist bis 15. Dezember gesetzt. Eine Weigerung könnte auch noch ausstehende Zahlungen an andere Gläubiger infrage stellen. Damit wäre auch ein erneuter Schuldenschnitt denkbar.
ak/rtr
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