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Argentinien feiert sein Kernkraftwerk Atucha II
Argentinien hat das Kernkraftwerk Atucha II, dessen Bau auf
Druck aus dem Ausland zwölf Jahre lang unterbrochen war, aus eigener Kraft
fertiggestellt.
Die argentinische Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner feierte am 18.
Februar zusammen mit Tausenden Wissenschaftlern, Ingenieuren und Facharbeitern
des Nuklearsektors die Eröffnung des Kernkraftwerks Atucha II „Néstor
Kirchner“, das an diesem Tag erstmals 100% seiner Einspeiseleistung
erreichte.
Das war auch die angemessene Antwort auf einen Protestmarsch am selben Tag -
angeblich zu Ehren des verstorbenen Staatsanwalts Alberto Nisman (wir
berichteten) -, den mit der Londoner City und Wall Street verbündete Kräfte in
Argentinien im Rahmen ihrer Versuche, die Präsidentin zu stürzen,
veranstalteten.
„Wir haben es selbst geschafft“
Die fröhliche Feier zeigte den Stolz der Anwesenden darüber, daß es ihnen
unter großen Anstrengungen gelungen ist, den Reaktor und die in den 90er Jahren
von der vom Weltwährungsfonds (IWF) gesteuerten Regierung von Präsident Carlos
Menem demontierte argentinische Kernindustrie wiederaufzubauen. Menems
Finanzminister Domingo Cavallo war damals berüchtigt für seinen Spruch, die
argentinischen Kernforscher könnten sich Arbeit als „Tellerwäscher“ suchen. Ein
Video der Feier (in spanischer Sprache1) erfaßt sehr schön den Stolz
über die Leistung, in den Worten eines Ingenieurs: „Wir haben es selbst
geschafft! Dieser Reaktor, diese Anlagen, das Komplexe an all dem..., das
bewegt mich sehr.“
Der Bau des Reaktors Atucha II begann schon 1982, war aber von 1994-2006
eingestellt, bis Präsident Néstor Kirchner das nationale Kernkraftprogramm
wieder aufgriff. Atucha II wird 745 MW ins nationale Stromleitungsnetz
einspeisen und 3 Millionen der 42 Millionen Argentinier mit Elektrizität
versorgen.
In ihrer Rede beschrieb Fernández, was seit 2003 getan wurde, um die
Nuklearindustrie wiederaufzubauen. Einst war das Land in dem Bereich in
Südamerika führend, aber das mußte es „wegen des Drucks aus dem Ausland“
aufgeben, wie Fernández sagte. Seit 2003 habe das Land „nicht nur durch
hochqualifizierte Arbeitskräfte Wissenschaft eingeführt, sondern auch
Souveränität“. Denn heute befinden sich 45% der nationalen Energieversorgung in
den Händen des Staates, 2003 waren es nur 5% gewesen. Heute „müssen wir weit
mehr Gewicht auf die viel billigere und sauberere Kernenergie legen“.
Zusammenarbeit mit den BRICS-Staaten
Die Präsidentin erwähnte auch die aus London verbreitete absurde Behauptung,
die Beteiligung Chinas am Bau der beiden nächsten Kernreaktoren des Landes,
Atucha III und IV, sei eine Form von Imperialismus. Denn der 700-MW-Reaktor
Atucha III, ein Schwerwasserreaktor, werde zwar von China finanziert, aber 70%
der Arbeiten würden von argentinischen Unternehmen und Facharbeitern
ausgeführt. Am 1000-MW-Reaktor Atucha IV, einem Leichtwasserreaktor, zu dem
China sehr viel Technik beisteuert, seien beide Seiten 50:50 beteiligt.
Fernández betonte, die Gegner der argentinischen Nuklearpläne seien nicht
bloß „naive Stimmen“, die eine andere politische Meinung äußern. „Wir leben in
einer Welt, die von starken geopolitischen und strategischen Interessen geprägt
ist - den gleichen, die in den 90er Jahren das argentinische Nuklearprogramm
stillegten.“ Das seien die Interessen, die das Land angreifen, weil es sich
nicht ihrem Diktat unterwirft und sich seine nationalen Zielsetzungen nicht
vorschreiben läßt. Niemand werde Argentinien seine Ziele vorschreiben oder
anordnen, was es zu oder zu lassen habe. Ein Beispiel: „Argentinien wird nun
wieder zu dem ausgewählten Kreis von elf Ländern gehören, die angereichertes
Uran erzeugen können - aber mit einem wichtigen Unterschied: Wir haben unsere
eigene Technik, die es uns erlaubt, auch Uran mit geringerer Strahlung
anzureichern, und das macht einigen Leuten Sorgen.“
Eine Anspielung auf das neue Paradigma, das die BRICS-Staaten (Brasilien,
Rußland, Indien, China und Südafrika) schaffen, war ihre Erklärung: „Es gibt
eine neue Welt und neue Akteure..., und das ist sehr gut für uns, denn dadurch
können wir Partner haben“, anstatt den Weg alleine gehen zu müssen. „Deshalb
schließen wir strategische Bündnisse“ - ein Hinweis auf China, das Fernández
gerade vom 3.-5. Februar besucht hat. „Wir sind offen für alle Seiten, und wenn
sie aus anderen Ländern kommen wollen... und uns die gleichen
Finanzierungsbedingungen und die gleichen Möglichkeiten anbieten, dann sind wir
offen für die ganze Welt - aber ohne Zwang von irgend jemandem.“
Cynthia Rush
Anmerkung: