Antonio Stiusso, Hauptinformant des unter mysteriösen Umständen verstorbenen Staatsanwalts, ist verschwunden
Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner hat dem Geheimdienst SIDE in der Nacht auf Freitag befohlen, Antonio Stiusso, den ehemaligen Vorsitzenden der Behörde, seiner amtlichen Schweigepflicht zu entbinden. Der mit Spannung erwarteten Aussage des Ex-Agenten steht damit nichts mehr im Weg – wenn es den Ermittlern gelingt, ihren Zeugen ausfindig zu machen.
Stiusso (in argentinischen Medien mangels Doppel-S oft "Stiuso" geschrieben) gilt als persönlicher Freund und Hauptzuträger des im Jänner unter mysteriösen Umständen verstorbenen Staatsanwalts Alberto Nisman, der die Ermittlungen zu einem Anschlag auf ein jüdisches Kulturzentrum in Buenos Aires führte.
Mehr als hundert Telefone
Die Auswertung der Telefonate Nismans ergab, dass er in den Tagen vor seinem Tod mehrmals eine Mobilnummer anrief, die auf Stiusso angemeldet ist. Allerdings besitzt der Geheimdienstler mehr als hundert Telefone, die er laut seinem Anwalt nicht allein benutzt.
Der Anwalt Stiussos hatte bisher angegeben, sein Mandant könne "nur sehr wenig" zur Aufklärung des Falles beitragen, weil er gesetzlich verpflichtet sei, über seine Tätigkeit im Geheimdienst zu schweigen. Außerdem verlangt der Rechtsvertreter Personenschutz für den Ex-Agenten und die Garantie, dass sein Bild nicht in den Medien erscheint.
Die Nachrichtenagentur Reuters meldete, Stiusso sei am Donnerstag an seinen drei Meldeadressen nicht anzutreffen gewesen. Präsidentin Kirchners Stabschef Anibal Fernández warf dem Agenten vor, dafür verantwortlich zu sein, dass in der Wohnung des verstorbenen Staatsanwalts ein Entwurf eines Haftbefehls gegen die Präsidentin gefunden wurde.
Die genauen Todesumstände Nismans sind fast drei Wochen nach seinem Tod weiter unklar: Zuerst war von Selbstmord die Rede, an seinen Händen wurden aber keine Schmauchspuren gefunden, was gegen einen Suizid spricht. Nun solle eine weitere Untersuchung mit einem Elektronenmikroskop Klarheit verschaffen, gab die Staatsanwaltschaft bekannt. Ergebnisse werden Ende nächster Woche erwartet.
Geheimdienstkarriere
Stiusso arbeitete seit 1972 für den Gegenspionagedienst des SIDE, der auf Anordnung Kirchners demnächst aufgelöst werden soll. Er diente also schon während der argentinischen Militärdiktatur, die jegliche Opposition brutal unterdrückte.
Nach der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1983 bedienten sich zahlreiche Regierungen des Agenten, der als Experte für das Abhören von Telefonaten gilt. (bed, derStandard.at, 6.2.2014)
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