Von TAOS TURNER
BUENOS AIRES - Mit zusätzlichen Sozialausgaben von umgerechnet 3,2 Milliarden US-Dollar will Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner der schwächelnden Wirtschaft vor den Wahlen im Oktober einen Schub verpassen.
Entsprechende Pläne stellte die Regierungschefin am Mittwoch vor. Danach sollen die Ausgaben für Sozialprogramme um jährlich 16,8 auf 41 Milliarden Pesos steigen. Nutznießer sollen vor allem schwangere Frauen und Familien mit Kindern sein. Neben direkten Hilfen sind auch Steuererleichtungen geplant.
Kirchner sagte in einer Rede, die Familien sollten in die Lage versetzt werden, mehr Geld für Lebensmittel und andere notwendige Dinge auszugeben, allerdings sollen die Anreize nicht so stark ausfallen, dass die Verbraucherpreise steigen. Jugendliche politische Aktivisten sollen im ganzen Land überwachen, dass die Geschäfte die Preise nicht anheben, kündigte Kirchner an.
„Wir werden damit gute Ergebnisse erzielen", sagte die Präsidentin. Sie rief die Unternehmen auf, die Ausgabensteigung nicht zu Preiserhöhungen zu nutzen. „Ich vertraue auf die Intelligenz der Geschäftsleute."
Den Äußerungen der Präsidentin konnten Unternehmer neben dem offensichtlichen Appell auch eine kaum versteckte Drohung entnehmen. Kirchner machte sehr deutlich, dass Aktivisten landesweit beobachten sollen, ob irgendwo die Preise erhöht werden.
Reuters
Will Argentiniens Wirtschaft mit mehr Geld aus der Sozialkasse in Schwung und die Wähler bei Laune halten: Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner.
Schon jetzt haben führende Manager aus verschiedenen Branchen erklärt, sie würden ihre Preise niedrig halten, auch weil sie staatliche Repressalien fürchten. Der unorthodoxe Versuch zur Eindämmung der Inflation ist bislang allerdings nicht sonderlich erfolgreich. Argentinien leidet unter einer Teuerung, die nach Schätzungen aus dem privaten Sektor in den zurückliegenden Jahren irgendwo zwischen 20 und 25 Prozent lag.
Im Oktober stehen Teilwahlen zum Parlament an, die für die Zukunft der Regierung Kirchner und die politische Bewegung, der sie in den vergangenen Jahren auf die Beine geholfen hat, entscheidend sein könnten.
Die zweite Amtszeit Kirchners endet 2015 und die Verfassung erlaubt ihr keine erneute Kandidatur. Ihre Unterstützer, darunter prominente Kongressabgeordnete und Kabinettsmitglieder, fordern allerdings ihre Wiederwahl. Dazu müsste allerdings die Verfassung ergänzt werden, wozu die bisherige Mehrheit der Koalition im Parlament nicht ausreicht. Deshalb sind die Teilwahlen im Oktober so wichtig, wenn Kirchner Chancen auf eine Fortsetzung ihrer Amtszeit über 2015 hinaus haben will.
Bislang hat sich die 60-Jährige allerdings nur sehr vage über ihre politischen Pläne geäußert. Sie sagte, sie wolle nicht „vorschlagen", die Verfassung zu ändern. Zugleich hat sie nicht explizit ausschließen wollen, im Amt bleiben zu wollen.
Wofür auch immer sie sich entscheidet: Obwohl die argentinische Wirtschaft im vergangenen Jahrzehnt überwiegend stark gewachsen ist, muss Kirchner um ihre Popularität fürchten und große Anstrengungen unternehmen, um die Wirtschaft in Gang zu halten. Nach einer Umfrage vom April sank ihre Wählerzustimmung von 34 auf 29 Prozent.
Zugleich glaubt die Mehrheit der Argentinier (59 Prozent), dass sich die wirtschaftliche Situation des Landes in den nächsten Monaten verschlechtern wird. 45 Prozent der Befragten glauben sogar, dass sich ihre persönliche Situation in naher Zukunft verschlechtern wird.
Politische Experten hatten bereits vermutet, dass die Regierung vor den Wahlen im Oktober ihre Staatsausgaben erhöhen würde, um das Wachstum anzukurbeln und Ängste vor einem Abschwung zu dämpfen.
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