Präsident Argentiniens habe er schon immer werden wollen, beteuert Daniel Scioli stets. Vermutlich wird er die Wahl am Sonntag gewinnen und im Dezember tatsächlich Nachfolger von Cristina Kirchner werden. Aber war das wirklich immer schon sein Wunsch? Die ersten vier Jahrzehnte seines Lebens verbrachte er, der Sprössling reichgewordener Einwanderer aus Italien, als erfolgreicher Geschäftsmann, als Spitzensportler und als Jetset-Playboy, inklusive Heirat mit dem schönen Model Karina Rabolini, mit der er, trotz einer Scheidung zwischendurch, bis heute zusammen ist. Keine Spur also von Politik.
Erst 1997 ließ er sich vom damaligen Präsidenten Carlos Menem für eine Art Werbekampagne einspannen und kandidierte erfolgreich als Abgeordneter. Seine Gegner schmieren ihm bis heute die Lobreden aufs Butterbrot, die er damals auf den Neoliberalen Menem hielt – ihm, der sich nun anschickt, „die Träume von Néstor (Kirchner) und (Hugo) Chávez“ zu verwirklichen, wie er vor Anhängern sagt. Zwei Säulenheilige der Linken, die er natürlich nicht erwähnt, wenn er vor Unternehmern spricht.
Ob er wirklich stets darauf hingearbeitet hat, Präsident zu werden, ist also fraglich. Aber um jeden Preis an die Spitze zu kommen – das war wohl immer sein Ziel. Als Sportbootfahrer errang er jede Menge Titel, auch internationale. 1989 verlor er bei einem schweren Unfall seinen rechten Arm. Mit einer Prothese fuhr er weiter Motorboot, und heute lässt er den Unfall im Wahlkampf selten unerwähnt. Denn das Handicap stellt seinen Willen, seinen Durchsetzungskraft, seine Unbeugsamkeit unter Beweis: Das Fernsehen durfte sogar drehen, wie er sich ein-, aber eigenhändig die Krawatte bindet.
Als Néstor Kirchner, der 2010 verstorbene Ehemann der Präsidentin, 2003 gegen Menem antrat, wechselte Scioli flexibel die Seiten. Er kandidierte als Kirchners Vize, und beide gewannen, als Menem kurz vor der für ihn aussichtslosen Stichwahl aufgab. Scioli gestaltete die Politik in einer Zeit mit, als Argentinien um acht Prozent pro Jahr wuchs. Der traumatische Crash von 2001 war in den Jahren des Rohstoff-Booms schnell überwunden.
2007 wurde er zum Gouverneur der Provinz Buenos Aires gewählt. Das ist der nach dem Amt des Staatspräsidenten zweitwichtigste Regierungsjob des Landes, denn in der Provinz leben 38 Prozent aller Argentinier.
Die Beziehungen zu Cristina Kirchner sind alles andere als spannungsfrei. Kirchner hätte wohl einen getreueren Kirchneristen als Nachfolger vorgezogen, aber es gab keinen, der wie Scioli die zum Sieg notwenigen bürgerlichen Wähler anziehen könnte.