Als es Argentinien wie Griechenland ging

Buenos Aires/Athen. Das Vertrauen der Argentinier in ihre Banken und ihre Währung war mit der Krise Anfang des Jahrtausends nachhaltig erschüttert. So wie in Griechenland waren Kapitalverkehrskontrollen eingeführt worden, die die Bankkunden daran hinderten, an ihr Geld zu kommen. Das trieb sonderliche Blüten. Etwa beim Immobilienkauf. Niemand vertraute mehr dem Peso oder der Bank. Wenn jemand versucht hätte, per Banküberweisung eine Wohnung zu kaufen, hätte sich der Verkäufer entweder kaputtgelacht oder zumindest einen strengen Blick zugeworfen, bevor er den Kopf schüttelte. Immobilien wurden seit der Krise nur mehr bar und in Dollar gehandelt. Zum Hauskauf erschien man mit dem sprichwörtlichen Geldkoffer - die Konsequenz aus Zeiten, in denen manch einer, der auf eine Großinvestition gespart hatte, zusehen musste, wie sein Geld auf der Bank Tag für Tag weniger wert wurde.

Kapitalverkehrskontrollen - in Argentinien hat man sich dafür einen gewissen Galgenhumor bewahrt. "Corralito" nennt man das im Land der Gauchos - "Gehschule". So wie Babys nur einen sehr begrenzten Bewegungsfreiraum von ihren Eltern erhalten, so schränkte die Regierung finanziell ihre Bürger ein.

Als das mit 132 Milliarden Dollar verschuldete Argentinien Ende November 2001 erklärte, das vom Internationalen Währungsfonds (IWF) vorgegebene Haushaltsziel nicht zu erreichen, führte dies zur Weigerung des IWF, die anstehende nächste Kredittranche in Höhe von 1,25 Milliarden Dollar an Argentinien zu überweisen. Das verstärkte die schon seit Monaten anhaltende Kapitalflucht nur weiter. Die Regierung zog die Notbremse und führte den Corralito ein. Nur noch 250 Pesos konnten die Argentinier pro Woche abheben.

Die Entmündigung schmeckte der Bevölkerung gar nicht. Im Dezember kam es zuerst zu einem Generalstreik und wenig später zu Demonstrationen, Plünderungen und gewalttätigen Ausschreitungen, die 28 Menschen das Leben kosteten. Der Präsident flüchtete im Hubschrauber, nachdem der Andrang der Demonstranten vor dem Regierungsgebäude bedrohliche Ausmaße angenommen hatte. Das Bruttoinlandsprodukt setzte zum Sturzflug an. Mitte 2002 betrug die Armutsrate 57 Prozent und die Arbeitslosenrate 23 Prozent.

Erst 2005 begann Argentinien, die Krise zu überwinden. Es folgte eine "Umstrukturierung", bei der ein Schuldenschnitt ausgehandelt wurde, den 97 Prozent der Gläubiger nolens volens akzeptierten. Die reduzierte Schuld bediente Argentinien dann stets pünktlich, auch die Schulden mit dem IWF wurden beglichen.

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