Bastian Schweinsteiger war von der Zuneigung überwältigt. Die Münchner Arena bebte, als der WM-Held unter donnerndem Applaus das Spielfeld betrat und dem nächsten längst alltäglichen Sieg des FC Bayern in der Fußball-Bundesliga noch einen größeren Erinnerungswert bescherte. "Es hat mein Herz schon sehr berührt, so empfangen zu werden von den Zuschauern. Solche Momente vergisst man nie", erklärte der 30-Jährige.
13 Minuten dauerte sein Comeback, bei dem er als Vorbereiter des Tors zum 4:0-Endstand gegen 1899 Hoffenheim gleich wieder einen spielerischen Akzent setzen konnte. Schweinsteiger hat endlich wieder Spaß, wie auch seine kleine Boxeinlage mit Bayern-Maskottchen Berni nach dem Schlusspfiff bewies. "Ich bin froh, dass ich ein paar Minuten spielen durfte", sagte Bayerns Vize-Kapitän dankbar. "Der Fußball-Gott ist wieder da", sagte Teamkollege Arjen Robben: "Das war schon Gänsehaut, als Basti reinkam."
132 Tage vergingen zwischen Schweinsteigers heroischem Kampf beim 1:0-Triumph im WM-Finale gegen Argentinien am 13. Juli in Rio und seinem nächsten Pflichtspiel. "Ich habe immer an meine Rückkehr geglaubt", erzählte der 108-malige Nationalspieler, den eine Patellasehnenentzündung am linken Knie zu einer monatelangen Pause gezwungen hatte.
Standing-Ovations bei Einwechslung
Die 71.000 Zuschauer hießen ihn in der 77. Minute mit einem Jubel willkommen, der deutlich lauter ausfiel als der nach den Toren von Mario Götze (23. Minute), Robert Lewandowski (40.), Robben (82.) und Sebastian Rode (87.). "Da hat sich jede Trainingseinheit rentiert, die man gemacht hat", berichtete Schweinsteiger über die Gedanken, die ihm bei der Einwechslung durch den Kopf schossen. "Jeder, der lange verletzt war, weiß, wie schwer das ist", erzählte der Vollblut-Profi, der die Rückkehr genoss, aber danach nicht in Euphorie verfiel: "Es ist noch nicht vorbei. Ich hoffe, dass alles in den nächsten Wochen gut hält. Ich muss weiter arbeiten und schauen, dass ich auf hundert Prozent komme. Ich bin erst am Anfang."
Weitere Spielpraxis ist jetzt wichtig, am besten schon am Dienstag in der Champions League bei Manchester City: "Ich bin froh über jede Minute mehr, aber von Beginn an, das ist noch ein bisschen hin." Pep Guardiola kann Schweinsteiger, dessen Rückkehr gerade nach dem Knöchelbruch von Kapitän Philipp Lahm so wichtig ist, ohne Druck aufbauen, so überlegen wie die Bayern in ihrer Königsklassengruppe und auch in der Bundesliga sind. "Er ist noch nicht bereit für 90 Minuten, aber er hat eine große Erfahrung", sagte der Trainer.
Schweinsteigers Comeback war die "große Nachricht" (Guardiola) an einem Spieltag, "der in jeder Beziehung pro Bayern München gelaufen ist", wie Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge frohlockte. Von einem ernsthaften Verfolger ist weit und breit nichts zu sehen.
Bayerns Gegner werden immer bescheidener
Der Übermacht des Rekordmeisters waren auch mutige Hoffenheimer ausgeliefert, die am Ende auch noch Offensivkraft Adam Szalai durch eine Rote Karte wegen groben Foulspiels verloren (90.). "Wir haben eine enorme Qualität im Kader", begründete Götze. Diese blitzte besonders bei den Toren auf. Und die Münchner wollen ihr Ding konsequent durchziehen. "Wir haben das Ziel, bis zur Winterpause keinen Punkt mehr abzugeben", verkündete der Ex-Frankfurter Rode, der sein Premieren-Tor im Bayern-Trikot bejubelte.
Die Hoffenheimer dagegen müssen nach der dritten Niederlage in Serie aufpassen, in der Tabelle nicht noch mehr abzurutschen. Das 0:4 in München werde keinen Knacks auslösen, lautete die kollektive Ansage. Auf dem Platz habe sich der eigene Auftritt sogar "gut angefühlt", erklärte Kapitän Andreas Beck trotz der klaren Niederlage. Tatsächlich bewertete sogar Bayern-Coach Guardiola das Ergebnis als "viel zu hoch". Anthony Modeste hätte Hoffenheim in Führung köpfen können, ja müssen (9.). "Wir haben es geschafft, die Bayern zu nerven", resümierte Hoffenheims Sportdirektor Alexander Rosen - die Ansprüche der Münchner Gegner sind sehr bescheiden geworden.