100 Tage Franziskus: Demut, Humor und Offenheit – ein Papst mit neuem Stil

Seine Wahl zum Papst war eine Sensation. Erstmals in der langen Geschichte der katholischen Kirche bestieg ein Jesuit den Stuhl Petri. Auch kam noch nie ein Pontifex aus Lateinamerika.

Dann legte der Argentinier los: Vom ersten Auftritt vor den Glubigen an zeigte sich Papst Franziskus offen, humorvoll, bescheiden. Der neue Stil begeistert die Massen, die auch nach den ersten drei Monaten des Pontifikats bei der Generalaudienz den Petersplatz berfluten. An diesem Freitag ist es 100 Tage her, dass weier Rauch aufstieg.

Der „Hoffnungstrger“ aus Buenos Aires hat die Herzen der Katholiken offensichtlich erobert - der frische Wind der Demut tut vielen gut. Schon sein ungewhnlicher Papst-Name ist Programm, weist er doch auf den Heiligen Franz von Assisi hin, der fr den Schutz von Natur und Umwelt steht, aber auch fr den Kampf gegen die Armut.

Und den nahm Franziskus auch mit Breitseiten gegen den Kapitalismus auf. Groe Gesten und Worte, doch noch fehlen die Weichenstellungen.

Whrend Franziskus seine Weltkirche vor der Verkalkung warnt, Korruption und Geldgier anprangert, braucht eines sicherlich noch sehr viel Zeit: die dringend notwendige Reform der erstarrten Kurie in Rom, die unter seinem Vorgnger Benedikt XVI. auch von tiefsten inneren Krisen wie dem „Vatileaks“-Skandal erschttert worden ist.

„Ich selbst bin sehr unorganisiert, aber die damit beauftragten Kardinle bringen das voran“, sagt Franziskus. Acht Kardinle aller Kontinente sollen Reformen vorschlagen und ihn bei der Leitung der Weltkirche beraten. Auch der Mnchner Kardinal Reinhard Marx ist in dem Gremium, das allerdings nicht vor Anfang Oktober erstmals die Reformen an der Kurie bespricht.

Die ihm jngst zugeschriebene Klage ber eine „Schwulen-Lobby“ im Vatikan knnte durchaus zeigen, dass Franziskus den Reinigungsprozess der Kirche doch beschleunigen will.

Durchaus auch konservativ, dabei aber zugnglicher und weniger theologisch als sein deutscher Vorgnger fordert Franziskus seine Herde stndig auf, „nach drauen“ zu gehen, also an die Rnder der Gesellschaft. Die rmsten sehnten sich nach Beistand.

„Petrus hatte auch kein Konto“

Fhrt der Mann mit weit offenen Armen in seinem offenen Gelndewagen auf dem Petersplatz an der Menge der „Brder und Schwestern“ vorbei, wendet er sich immer wieder kleinen Kindern und Kranken zu. Rmische Medien spekulierten in einem Fall bereits, dass der 76 Jahre alte Bergoglio dabei sogar eine Teufelsaustreibung (Exorzismus) bei einem Kranken versucht habe.

Er will immer noch nicht im Apostolischen Palast wohnen, zieht die Gesellschaft im Gstehaus des Vatikans vor und macht auch mit seinen kurzen Predigten in der Morgenmesse dort Schlagzeilen. Etwa, wenn er gegen die Salon-Christen oder die Macht des Karrieredenkens wettert.

„Petrus hatte auch kein Konto“, erklrte er unlngst in einer typischen und fr alle verstndlichen Kritik an der reichen Kirche, die alt werde und leblos wirke. Franziskus zieht weie Messgewnder vor und fhrt so in Rom den schlichten Lebensstil von Buenos Aires fort. Es ist ein persnlicher Kontrast zu dem Prunk in den Vatikan-Basiliken, an dem sich vor allem Nichtkatholiken immer wieder stoen.

Nach Rio de Janeiro

So zieht es Franziskus bisher auch nicht in die Sommerresidenz Castel Gandolfo, die sein Vorgnger so geschtzt hatte, um zu lesen und zu schreiben. Manchmal reisen muss er aber dennoch. Seine erste und gleich intensive Begegnung mit den Glubigen im Ausland wartet im Juli auf den Papst, wenn er zum katholischen Weltjugendtag nach Rio de Janeiro fhrt.

Auch dort, das kann man erwarten, wird er vor der Masse junger Leute eine Rckkehr zu den Wurzeln des christlichen Denkens predigen, sie zur Solidaritt mit den rmsten ermuntern und lchelnd Brcken bauen. Und dabei auch so manches Bonmot einflechten.

Es sind Brcken, wie sie auch seine Kirche der 1,2 Milliarden Katholiken gut gebrauchen kann. Wieweit er in dogmatischen Fragen von dem strikten Kurs seiner Vorgnger abweichen wird, bleibt bei alledem jedoch abzuwarten. In Fragen der Ehelosigkeit der Priester (Zlibat) oder der Abtreibung erscheint der Jesuit Bergoglio im Prinzip auf deren Linie. Es wird also auf die Nuancen ankommen, die ein vielleicht flexibler Papst offeriert.

Zunchst einmal schreibt er eine Enzyklika zum Glauben zu Ende, die sein Vorgnger Joseph Ratzinger nicht mehr fertig bekommen hat.

Image als unkompliziertes und lchelndes Kirchenoberhaupt

Das sind Fragen, die vor allem viele Katholiken in Deutschland bewegen: Wird sich dieser Papst bewegen? Der baut derweil aber auch noch sein Image als unkompliziertes und lchelndes Kirchenoberhaupt aus, das unausgetretene Pfade zu lieben scheint.

Jngstes Beispiel: Er ist jetzt auch stolzer Besitzer zweier Motorrder, die der US-Hersteller Harley-Davidson Franziskus nach einer Generalaudienz schenkte. In den Vatikan-Grten kann er sie kaum ausfahren. Wobei mancher sich nicht wundern wrde, she er den Argentinier, den neuen Sympathie-Trger der Kirche, ber Italiens Autostrada brettern.

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